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Rezensiert: Das Mittelsächsische Schmalspurbahnnetz - Eine Erinnerung in Bildern
Peter Wunderwald
Das Mittelsächsische Schmalspurbahnnetz
Eine Erinnerung in Bildern
180 Seiten, 324 Schwarzweißfotos, 35 Farbfotos, Format DIN A 4 mit Hartpappeinband Wilsdruffer Bahnbücher 2011. ISBN: (keine) Preis 38,– EUR
„Das Mittelsächsische Schmalspurbahnnetz ist für viele Eisenbahnfreunde noch heute ein Begriff“, heißt es im Ankündigungstext des hier zu besprechenden Buches. Doch ist es das wirklich? Aber auch wenn dieser Begriff bei Google nur selbstreferenzierende Ergebnisse liefert – Eisenbahnfreunde wissen selbstverständlich, was gemeint ist. Dem ehemals 232 km langen Streckennetz um Mügeln und Wilsdruff mit seinen beiden Stichbahnen ins Osterzgebirge soll hier ein fotografisches Denkmal gesetzt werden, 359 Bilder werden in hervorragender Repro-Qualität auf 180 Seiten präsentiert. Auch wenn keinesfalls alle Fotos Erstveröffentlichungen sind, dürfte der vorliegende hochwertig gebundene Band das bisher bilderreichste Werk über diese Bahnen aus deren letzten Jahrzehnten unter Regie der Deutschen Reichsbahn sein. So sind die Texte zur Geschichte der einzelnen beschriebenen Strecken kurz gehalten, wobei sie hin und wieder überflüssig detailliert erscheinen. Doch erklärte Zielgruppe ist nicht nur der Eisenbahnfreund, sondern auch der allgemein- und regionalhistorisch Interessierte. Die Reise beginnt in Freital-Potschappel und führt etwas kreuz und quer sowie nicht immer an üblichen altsächsischen Streckenbezeichnungen orientiert („Strecke Döbeln – Mügeln“) vorbei an morbiden Bauten und über so manch zugewachsenes Gleis. Wir können in sechs (!) Bildern eine Doppelausfahrt in Klingenberg-Colmnitz nacherleben – und darüber hinaus hat leider so mancher „Nachschuß“ seinen Abdruck gefunden. Das ist eigentlich unnötig und zeugt von Unentschlossenheit bei der Bildauswahl, wenngleich der Gesamteindruck dadurch zum Glück kaum leidet. Selbst das gefühlte zahlenmäßige Ungleichgewicht zwischen Bildern aus dem Wilsdruffer zu solchen aus dem Mügelner Netz hat sein Gutes, beschränkt es sich in letzterem doch auf historische Fotos und überfrachtet das Buch somit nicht mit hinlänglich bekannten Güterzugmotiven zwischen Oschatz und Kemmlitz. Aber es gibt leider auch ein paar kleine „U-Boote“ im neuen Wunderwald-Werk: So fahren zwei Mal Dampflokomotiven in Doppeltraktion − eine technische Unmöglichkeit. Der angestrebten Leserschaft wäre der Begriff „Vorspann“ sicher zumutbar gewesen. Gänzlich überflüssig ist das Kapitel „Alternativen zur Einstellung der Bahnen“. Details wie der von den Grünen unterstützte SPD-Oberbürgermeisterkandidat von Freital, der im Falle eines Wahlsieges das Freitaler Verbindungsgleis (PHV-Strecke) touristisch aktivieren wollte, haben in einem Foto-Band nichts verloren, so ehrenhaft dieses Vorhaben auch erscheinen mag. Diese gute Sammlung zeithistorischer Dokumente spricht für sich und bedarf keiner Einordnung in aktuell-politische Debatten. Jeder Käufer des Buches will selbstverständlich bald schon den Abschluß des Wiederaufbaus der Weißeritztalbahn als historisches Datum lesen. Und wenn das Buch in zehn Jahren zur Hand genommen wird, um mit ihm in rührender Bimmelbahn-Nostalgie zu schwelgen, ist die derzeitige Kürzungspolitik in Sachsen hoffentlich längst überwunden. Für die Weißeritztal- und Döllnitzbahn zu kämpfen ist wichtig, sollte aber nicht Aufgabe dieses Buches sein.
Fazit: Ein sehenswertes Fotobuch, das sehr gut als Ergänzung zu den bekannten Publikationen über das Wilsdruffer und Mügelner Netz und die Weißeritztalbahn paßt. Solide, lokal und nachhaltig (!) produziert, hält es den gewohnt hohen Standard der Wilsdruffer Bahnbücher.
Bestellt werden kann das Buch direkt bei der: IG Verkehrsgeschichte Wilsdruff e.V., PF 31, 01723 Wilsdruff, E-Mail: verein@wilsdruffer-schmalspurnetz.de
10.04.2011