Schmalspurbahnen in Europa
Es dampft wieder zum Achensee
Es war ein langer Weg von der feierlichen Eröffnung dieser Eisenbahn im Jahre 1889 bis zur – erneut feierlichen – Wiedereröffnung am 29. April 2022.
Am 1. August 1888 unterzeichnete Österreichs Kaiser Franz Josef I. die Konzessionsurkunde – deren Original sich übrigens noch heute im Eigentum der Bahn befindet – zum Bau und Betrieb einer schmalspurigen Eisenbahn mit gemischtem Adhäsion- und Zahnstangen-Betrieb. Nach einer Bauzeit von gut acht Monaten wurde die Bahn dann am 8. Juni 1889 in Betrieb genommen und 1926 auf die heute bekannte Streckenlänge von knapp 7 km erweitert. Insgesamt überwindet die Bahn mit einer Steigung von maximal 160 Promille einen Höhenunterschied von 440 m.
Der Ausgangsbahnhof Jenbach ist einzigartig im österreichischen Schienennetz, treffen hier doch Bahnen mit drei unterschiedlichen Spurweiten zusammen. Das sind die Normalspurstrecke (1435 mm) Kufstein – Innsbruck, die in „Bosnischer Spurweite“ (760 mm) erbaute Zillertalbahn nach Mayrhofen und eben die in Meterspur ausgeführte Achenseebahn. Direkt am Lokschuppen in der Bahnhofsausfahrt beginnt der Zahnstangenabschnitt, der nach dem System des Schweizers Niklaus Riggenbach ausgeführt und etwa 3,5 km lang ist. Er endet im Bahnhof Eben in Tirol. Bis dorthin wird der meist aus zwei Reisezugwagen bestehende Zug von der Lok geschoben. Nach dem Umsetzen zieht die Lok den Zug von Eben aus die restlichen 3,1 km bis zum Achensee. An der Endstation, in Seespitz, besteht die Umsteigemöglichkeit auf eines der auf dem See verkehrenden Ausflugsschiffe.
Den Betrieb wickelte die Achenseebahn von Beginn an mit vier in Floridsdorf (seit 1904 zu Wien gehörend) gebauten Dampfloks ab. Sie erhielten neben den Nummern 701 bis 704 auch die Vornamen der Hauptaktionäre der „Achenseebahn Gesellschaft“ („THEODOR“, „HERMANN“, „GEORG“ und „CARL“). Die Loks sind weitgehend noch heute in Betrieb, lediglich aus „CARL“ wurde nach Jahrzehnten der Abstellung und dann umfangreichen Umbauten im Jahr 2008 „HANNAH“.
Aus verschiedenen Gründen geriet die Achenseebahn Ende der 2010er Jahre in finanzielle Not. Am 25. März 2020 meldete sie beim Landgericht Innsbruck die Insolvenz an. Daraufhin fand in den Jahren 2020 und 2021 kein öffentlicher Fahrbetrieb statt.
Neuer Eigentümer ist nach Beendigung des Insolvenzverfahrens seit 2021 die Achenseebahn Infrastruktur- und Betriebs-GmbH. Hauptgesellschafter ist das Land Tirol (60 %), 20 % teilen sich die Anliegergemeinden Jenbach, Eben und Achenkirch. Die übrigen 20 % hält die Betreiberin der Zillertalbahn, die Zillertaler Verkehrsbetriebe AG. Bis es aber zu eingangs erwähnter Wiedereröffnung kam, sollen fünf Millionen Euro in die Bahn investiert worden sein.
Der Betrieb heute
Die Achenseebahn wurde schon immer nur vom Frühjahr bis zum Herbst betrieben, Betriebsende 2022 ist der 30. Oktober. Im Frühjahr und Herbst fahren auf der Bahn drei Zugpaare an den Wochenenden und an Feiertagen. In der Sommersaison 2022 verkehren vom 25. Juni bis 18. September täglich (außer Dienstag) fünf Zugpaare im Zwei-Zug-Betrieb. Das im Jahr 2020 unter Leitung von Toni Häfliger und Dr. Günter Dinhobl erstellte Gutachten lieferte eine erste fachliche Einschätzung der Achenseebahn im Hinblick auf ihr Potential „hinsichtlich des Denkmalschutzes und/oder UNESCO-Welterbe“. Darin heißt es „Die Achenseebahn stellt – auch im Vergleich zu den übrigen noch in Betrieb befindlichen Bergbahnen in Österreich – ein bedeutendes Denkmal der nationalen Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte dar. Es ist mit seiner technischen Gesamtanlage (inklusive Rollmaterial) noch weitestgehend original und authentisch sowie in betriebsfähigem Zustand erhalten.“
Die Achenseebahn soll nun langfristig erhalten bleiben und ist zwischenzeitlich auch als österreichisches Baudenkmal ausgewiesen. Der Autor meint, sie hat beides verdient!
14.08.2022