Kommentar
Corona-Krise – die Eisenbahnhobbyprojekte brauchen jetzt tatkräftige Unterstützung!
Mitte März änderte sich unser aller Wahrnehmung von persönlicher Freiheit, Freizügigkeit und den fast unendlichen Möglichkeiten, die unsere Gesellschaft eigentlich bietet. Dass diese Freiheit keine Selbstverständlichkeit ist, wurde uns allen gemeinsam auf sehr individuelle Weise deutlich. Wenn Gesundheitsschutz das Primat über alle Aktivitäten des täglichen Lebens erhält, gibt es kein ernsthaftes Argument dagegen und der Schutz potenzieller Risikogruppen unserer Gesellschaft rechtfertigt auch das Mitwirken aller anderen Altersgruppen. Soweit der realpolitische Ansatz, der dem Folgenden in keiner Weise als Gegensatz dienen, gleichwohl aber den Blick auf Konsequenzen und die Mitwirkung richten soll:
Wir haben in Sachsen wie auch in vielen anderen Teilen Deutschlands eine beeindruckende Anzahl an Eisenbahnmuseen und -denkmälern sowie Museumseisenbahnen. Diese vielfältigen Erinnerungs- und Teilhabeeinrichtungen werden meist allein durch ehrenamtliche Aktivitäten am Leben gehalten. In selbstloser Eigeninitiative und mit einem großen Eigenmittelanteil setzen Vereinsmitglieder ihre Freizeit und Gelder für ihr Hobby ein. Die öffentliche Anteilnahme und die Nutzung dieser Angebote ist der Lohn für dieses Engagement. Besucher, Fahrgäste und Spender bilden daher die fundamentalen Säulen dieses Gebildes, vor dem man als Insider genauso wie als Außenstehender immer wieder nur staunend und verwundert stehen kann.
Diese tragenden Säulen aller Aktivitäten sind durch die Ausgangsbeschränkungen, soziale Distanzierung und diversen Verfügungen gegen Menschenansammlungen erheblich erschüttert und nun rissig. Viele Wirtschaftsbereiche hoffen berechtigterweise auf die Unterstützung des Staates durch Zuschüsse, Darlehen oder Stundungen. Wenn die Solvenz unseres Handwerks, der Industrie und vieler Dienstleistungsunternehmen nicht gesichert wird, dauert ein Neuaufbau viele Jahre. Über lange Zeit praktizierte „Austerität“ (etwa: Ausgabendisziplin, Sparpolitik) bietet zwar nun die Chance, dass der Sparstrumpf in den Bundesländern und beim Bund noch etwas Bodensatz enthält – nichtsdestotrotz werden hernach mit Sicherheit alle öffentlichen Förderungen auf ihre Notwendigkeit überprüft. Es ist davon auszugehen, dass eisenbahngeschichtliche Angebote und Projekte nach der in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft beginnenden Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens nicht im bisher gewohnten Umfang unterstützt werden. Eisenbahnhobbyprojekte sind nicht „systemrelevant“, der Ruf nach staatlichem Beistand würde durch viele andere, die diesen viel dringlicher benötigen, übertönt. Deshalb tritt derzeit ein Schaden ein, der schwer zu beziffern sein wird. Das erste Quartal des Jahres gilt auch in unserem Metier eher als „Saure-Gurken-Zeit“. Danach stellen die Veranstaltungen zu Ostern für viele Vereine den Auftakt in das Wirtschaftsjahr dar, von den über Ostern erzielten Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Fahrkarten werden zumeist die dringlichsten Dinge im ersten Halbjahr bezahlt. Diese Einnahmen fehlen nun.
Spenden Sie bitte Ihre Eintrittsgelder und Fahrtentgelte, die Sie durch die Ausgangsbeschränkungen nicht tätigen konnten!
Noch schlimmer ist für alle ehrenamtlichen Projektträger, dass die Dauer der Einschränkungen nicht absehbar ist. Fahrzeuge stehen ohne eine Nutzung einfach nur ihre gesetzlich begrenzten Einsatzfristen ab, ohne dass dem Erlöse gegenüberstehen. Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe sind die Einschränkungen durch die Regierung noch bis zum 19. April begrenzt, eine weitere Verlängerung ist jedoch nicht auszuschließen und wird bei längerer Dauer die wirtschaftliche Kraft auch des stärksten Vereins übersteigen. Fußballspiele der Bundesligen kann man sich vielleicht noch als Geisterspiele vorstellen, Dampfzugfahrten nur als Leerreisezüge zu veranstalten, auf diese Idee sollte nun wirklich niemand kommen.
Helfen können hier nur die Menschen!
Selbsthilfe als Basis, um die Säulen der Projekte vor dem Einsturz zu bewahren: Wenn jedermann, der zu Ostern einen Besuch in einem Museum oder bei einer Museumsbahn geplant hatte, den vorgesehenen Eintritts- bzw. Fahrgeldbetrag als Spende an den jeweiligen Verein überweist, wäre das mehr als ein großer Tropfen, der das Fass vor dem Austrocknen bewahren könnte. Was denken Sie? Wäre das nicht eine gute Sache? Nennen Sie es einfach „Osterspende“. Die Empfänger werden schon die passende Verwendung finden. Wir sagen stellvertretend für alle Vereine: Herzlichen Dank! Jörg Müller für die gesamte „PK“-Redaktion
Anmerkung: Natürlich trifft die Corona-Krise auch die öffentlich finanzierten Eisenbahnen – in unserem Fokus stehen dabei die dampflokbetriebenen Schmalspurbahnen im Lande. Und doch steht bei diesen Unternehmen in der Regel der Besteller und Aufgabenträger in Hinterhand und es können laufende Aufgaben auch bei Stillstand oder Reduzierung des Verkehrs weiter bestritten oder Möglichkeiten der Kurzarbeit genutzt werden. Diese Möglichkeiten und Stützen haben gemeinnützige Vereine und ehrenamtlich getragene Projekte in der Regel nicht – weshalb sie zuvorderst auf Ihre Unterstützung angewiesen sind.
13.04.2020