Regelspur aktuell
4. Freiberger Bergstadtexpress vom 28. bis 30. Juni 2019
Wie im PK 168 angekündigt, verkehrten vom 28. bis 30. Juni 2019 zwischen Freiberg und Brand-Erbisdorf sowie zwischen Freiberg und Nossen anlässlich des 34. Freiberger Bergstadtfestes von Lokomotiven der Baureihe V 100 bespannte Sonderzüge der Eisenbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft Pressnitztalbahn mbH (PRESS). Diese vom Freiberger Landtagsabgeordneten Steve Johannes Ittershagen (CDU) und der Interessengemeinschaft Freiberger Muldentalbahn initiierten Fahrten werden unter dem Namen „Bergstadtexpress“ (BEX) vermarktet. Nach den Jahren 2016, 2017 und 2018 verkehrte der „Bergstadtexpress“ nun zum vierten Mal. Neu war in diesem Jahr, dass zwei lokbespannte Reisezuggarnituren zum Einsatz kamen. Fuhr der BEX 2016 nur zwischen Freiberg und Brand-Erbisdorf, wurde die Fahrtstrecke 2017 nach Nossen ausgedehnt. Auf diesem Streckenast kamen 2017 und 2018 Triebwagen zum Einsatz. Da insbesondere im Jahr 2018 die Platzkapazität des Triebwagens bei einigen Zugpaaren nicht ausgereicht hatte, war die Traktion 2019 auf zwei lokbespannte Züge mit je einer V 100 und je zwei vierachsigen Reisezugwagen der Gattungen Byu und AByu (Zug 1) bzw. Bn (Zug 2) umgestellt worden. Zum Einsatz kamen die Dieselloks 114 703-2 der MTEG (Baujahr 1974, ex 110 703-6) sowie 204 005-3 der PRESS (Baujahr 1971, ex DR 110 350-6). Die Züge pendelten von Freitagnachmittag bis Sonntag spätabends zwischen Freiberg und Brand-Erbisdorf im Zweistundentakt (am späten Abend mit Lücken). Zwischen Freiberg und Nossen gab es samstags und sonntags einen Dreistundentakt. Der abschnittsweise schlechte Oberbauzustand auf der Zellwaldbahn und die damit verbundenen längeren Fahrzeiten sowie eine fehlende Kreuzungsmöglichkeit zwischen Freiberg und Nossen ließen dies nicht anders zu. Zwar existiert im Bahnhof Großvoigtsberg ein Kreuzungsgleis, doch dieses ist aus technischen Gründen seit mehreren Jahren gesperrt. Nach den Fahrten bezeichneten die Veranstalter auch den 4. „Bergstadtexpress“ als großen Erfolg. Von der Fahrgastnachfrage her zeichnete sich folgendes Bild ab: Zwischen Freiberg und Nossen nutzten die Reisenden das Angebot zum Großteil wegen der Eisenbahn an sich – um einmal die seit September 1977 nicht mehr von regulären Personenzügen befahrene Zellwaldbahn zu bereisen oder um überhaupt wieder einmal „mit einem richtigen Zug“ mitzufahren, wie es etliche Fahrgäste gegenüber dem Zugpersonal ausdrückten. Zwischen Freiberg und Brand-Erbisdorf sind es tatsächlich vorrangig Einheimische, welche die Züge gerne nutzten, um zum Freiberger Bergstadtfest zu gelangen – und natürlich auch wieder zurück. Die Möglichkeit, auf dem Fest ein Bier mehr trinken zu können, ohne auf die eigene Fahrtüchtigkeit Rücksicht nehmen zu müssen, spielte dabei keine unbedeutende Rolle. So wurden gerade in den Nachtzügen 23.50 Uhr und 1.50 Uhr ab Freiberg nach Brand-Erbisdorf 2019 nochmals deutlich mehr Fahrgäste befördert als im Vorjahr. Fazit: Der Bergstadtexpress hat sich etabliert. Auch bei den Fahrten nach Brand-Erbisdorf suchten die Reisenden bei den Fahrkartenkontrollen häufig das Gespräch mit dem Zugpersonal und äußerten dabei vielfach die Frage und den Wunsch, ob der 1998 eingestellte Regelzugverkehr von und nach Brand-Erbisdorf nicht wieder aufgenommen werden könne. Dies ist kein abwegiger Gedanke: Selbst die historischen Züge des „Bergstadtexpress“ schaffen die Strecke in 14 Minuten Fahrzeit. Moderne Leichttriebwagen würden die Distanz zwischen Freiberg und Brand-Erbisdorf – nach einigen vertretbaren Anpassungen der Streckeninfrastruktur im Abschnitt Berthelsdorf (Erzgeb) – Brand-Erbisdorf – wohl in zehn Minuten zurücklegen. Die zusätzliche, durch den Aufgabenträger (den VMS) zu bestellende Streckenlänge betrüge 3,2 km. Zwischen Freiberg und Brand-Erbisdorf wäre dabei mit nur einem Fahrzeug ein 45-Minuten-Takt möglich. Damit entstünde eine ÖPNV-Alternative abseits der Bundesstraße 101. Ob sich die Politik und der Verkehrsverbund zu einer solchen neuen Zugverbindung durchringen können, ist noch offen. Doch die Wiederaufnahme des SPNV nach Brand-Erbisdorf gehört zu den Anliegen des Freiberger Landtagsabgeordneten Steve Johannes Ittershagen, für die er sich vehement einsetzt und quasi als „Probevariante“ den Bergstadtexpress ins Leben gerufen hat. Bis es zu einer dauerhaften Reaktivierung des Schienenpersonenverkehrs nach Brand-Erbisdorf kommt, bleibt der „Bergstadtexpress“ vorerst die einzige jährliche Zugverbindung dorthin. Beim 1. Bergstadtexpress im Jahr 2016 handelte es sich um die erste Befahrung des Streckenastes Berthelsdorf – Brand-Erbisdorf mit Reisezügen seit damals 18 Jahren. Anlässlich des 35. Bergstadtfestes am letzten Juniwochenende 2020 soll der „Bergstadtexpress“ zum fünften Mal verkehren.
04.08.2019