Editorial
Liebe Preß´-Kurier-Leser,
ich möchte einmal mit einer etwas philosophischen Betrachtung in diese Ausgabe einsteigen, komme aber natürlich auch wieder auf deren praktische Aspekte zurück.
Die Eisenbahn war Mitte des 19. Jahrhunderts eine Entwicklung, wie sie uns heute in Form der vollumfänglichen elektronischen Vernetzung durch das Internet wieder begegnet: Ein starker Bruch mit vorherigen bekannten Abläufen und Abhängigkeiten, eine extreme Beschleunigung des Lebensgefühls, Veränderung.
Mit der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunächst in Bergwerken und Steinbrüchen eingeführten Eisenbahn kam die neue Technik noch in sehr kleinen, begrenzten Räumen zur Anwendung. Aber innerhalb weniger Jahrzehnte drängte die neue, schnelle Form der Bewegung zur Überwindung von großen Entfernungen in die Gesellschaft. Am Anfang waren damit extreme Ängste verbunden, der Mensch würde seinen Halt verlieren, könnte gesundheitliche Schäden davontragen oder gar die Details der Landschaft aus dem Auge verlieren. Die schnelle Reise sorgte dafür, daß es nun einer großen Zahl von Menschen möglich wurde, den Zusammenhang der Landschaft wahrzunehmen - sie hörte einfach nicht mehr am Horizont auf. Die Eisenbahn war letztendlich aus dem Leben nicht mehr wegzudenken. Weitere technische Entwicklungen wie das Auto und das Flugwesen folgten, doch sie brachten keinen so grundlegenden Umbruch mehr mit sich.
Ist es heute anders? Eiine analoge Entwicklung ist zu beobachten, die Computertechnik und der Grad der Vernetzung über unterschiedliche Informationskanäle wird immer intensiver. Die Bedenkenträger und Bedächtigen gibt es selbstverständlich auch heute. Wo sind die Grenzen des menschlich Zumutbaren − Reizüberflutung, oberflächliche Beschäftigung bis hin zu distanzierter Interessenlosigkeit sind die prognostizierten Folgen.
Aber ist das alternativlos? Muß man dem allgegenwärtigen Drang nach immerwährender Erreichbarkeit, Schnelligkeit oder gefühlter Isolation bei nicht verfügbarer Internetverbindung tatsächlich nachgeben? Kaum vorstellbar, daß vor 150 Jahren jemand ununterbrochen Eisenbahn fahren wollte, nur weil es vielleicht möglich war …
Das Angebot unserer Schmalspurbahnen wie auch der Sonderzüge auf der Regelspur ist das passende Mittel für eine bewußte Entschleunigung. Die Eisenbahn, einmal als schnelleres Beförderungsmittel eingeführt, kann uns heute helfen, Natur und Landschaft bewußter und erlebnisreicher wahrzunehmen. Das sollte vielleicht auch marketingtechnisch verstanden werden und in den Strategien Berücksichtigung finden. Bei den unzähligen Veranstaltungen in den kommenden Monaten, zu denen wir auf den folgenden Seiten einige Vorschläge zusammengestellt haben, sollten Sie ruhig einmal unter diesem Aspekt den persönlichen Nutzen für sich herausfinden.
Planen Sie ruhig unter diesem Blickwinkel mal Ihren nächsten
Besuch bei den Bahnen und Museen.
Glück Auf
15.04.2012