Bücher-Markt
Rezensiert: Die Eisenbahn Niederwiesa – Roßwein
Andreas W. Petrak
Die Eisenbahn Niederwiesa – Roßwein
Eisenbahngeschichte aus dem Zschopau- und Striegistal
Nebenbahndokumentation 36 Verlag Kenning, Nordhorn 2006 160 A4-Seiten, 50 schwarzweiße Abbildungen sowie über 30 Farbfotos ISBN: 3-927587-84-2
Im Frühjahr dieses Jahres ist nun die erste Monographie von Andreas („W.“) Petrak über eine Regelspurstrecke erschienen. Eigentlich sollte dieses Buch bereits Ende der neunziger Jahre erscheinen, doch dann wurde das Manuskript mehrere Jahre auf die „lange Bank“ geschoben. Schön, daß sich Verleger Ludger Kenning Ende vorigen Jahres entschlossen hat, das Projekt zu einem Ende zu bringen, welches fast alle Vorstellungen des Autors berücksichtigt hat.
Unter diesen „Vorstellungen“ verbirgt sich ein Fleißwerk, welches seines gleichen sucht! Petrak, studierter Archivar und begnadeter Freizeithistoriker, grub fast wortwörtlich eine überraschende Menge an Informationen aus Entstehungszeit, Betriebszeit der Linie sowie vor allem zu den Anschlußgleisen aus. Dem Verleger mögen zu recht beim Sichten der Textmenge graue Haare gewachsen sein: Penibler ging es nicht. Der Spagat zwischen dem Ansinnen des Autors, sein Manuskript möglichst ungekürzt in Buchform wiederzufinden, und der wirtschaftlichen Notwendigkeit eines Verlegers, ein Buch zu einer nur regional bekannten Eisenbahn vom Umfang her nicht ausufern zu lassen, führte dazu, daß Ludger Kenning den Fließtext des Buches in einer für seinen Verlag ungewohnt kleinen Schriftgröße setzte. Zwar ist dieser noch lesbar – aber die Untergrenze ist damit erreicht.
Vom textlichen Inhalt des Buches ist der Rezensent indes begeistert. In der für Petrak üblichen Art (vom Verleger leider teils verändert) findet man zur Entstehung, zum Betrieb einschließlich der Anschlußgleise und Fahrzeuge jeweils Dutzende von Erklärungen. Petraks Texte liefern dabei jedoch nicht nur Eisenbahndetails, sondern auch zahlreiche Angaben und Anekdoten zur Region und den Orten entlang der beschriebenen Linie. So erfährt der Leser die Geschichte des Harrasfelsens, den Inhalt von Frankenbergs Kirchturmspitze sowie unter welchem Motto 1938 der Bau von Toiletten stand. Auch der von der Reichsbahn zu finanzierende Bau der Reichsautobahn fand mit mehreren Fotografien Aufnahme in das Buch. Auch wenn in ihm fast ausschließlich Eisenbahnfotografien veröffentlicht sind, Petraks Monographie wird durchaus auch einem Heimatkundebuch gerecht. Hoffentlich entdecken auch Anwohner und Kenner der Region das Werk.
Die Fotografien, die den ersten – und damit einen sehr gewichtigen Eindruck eines Buches ausmachen, sorgen beim Rezensenten leider erneut für großes Kopfschütteln. Kenning blamiert sich mit mehreren amateurhaft gescannten Velvia-Dias von Spitzenfotografen wie Tino Eisenkolb, Rainer Heinrich und dem Autor erneut bis auf die Knochen! Möge dieser Tadel den Geiz des Verlegers besiegen, in Zukunft wieder alle Aufnahmen professionell lithographieren zu lassen. Das, was man z. B. auf den Seiten 5 unten, 8, 9, 11 unten, 72 oder 105 findet, ist eine Beleidigung für die Bildurheber!
Der potentielle Käufer des Buches sei allerdings beruhigt, über 90 Prozent der Aufnahmen sind scharf abgedruckt. Fein säuberlich sind auch die Bahnhofsgleispläne der einzelnen Stationen wiedergegeben. Dabei handelt es sich diesmal nicht um Zeichnungen von L. Kenning, sondern um Originale der K.Sächs.Sts.E.B. oder Reichsbahn. Lobend sei auch das sechsseitige Kapitel zum Neubeginn durch die City-Bahn Chemnitz erwähnt. Das Buch ist dadurch aktuell und zeitnah.
Fazit: Mit Petraks neuem Buch liegt ein sehr umfangreiches, penibles und tiefgründiges Porträt der Strecke Niederwiesa – Roßwein vor. Es ist sehr reich bebildert und sauber gedruckt. Das Lesevergnügen wird lediglich durch mehrere „Scan-Pannen“ geschmälert. Die hohe Text- und Bildmenge hätte einen weitaus größeren Kaufpreis erwarten lassen – an der Linie Interessierte sollten zuschlagen – ab ins Buchgeschäft!
30.03.2006