Editorial
Liebe Preß’-Kurier-Leser,
der Jahreswechsel ist schon immer eine Zeit der Reflektion, der Rückschau auf Erlebtes und Vollbrachtes. Erfolgt dies zumeist in Bezug auf Persönliches, über unser Hobby, bei der Beschäftigung mit mehr oder weniger historischen Eisenbahnthemen oder besonderen Erinnerungen, so gab es in den vergangenen beiden Monaten gefühlt noch häufiger Anlass für persönliche Momente einer Rückbesinnung.
Von mehreren Menschen mussten wir in den vergangenen Monaten Abschied nehmen, die mit ihrem Leben und ihrer Tätigkeit zu einem Gelingen von unterschiedlichen Projekten beigetragen haben. Nun mag die Häufung der Nachrufe in diesem Heft möglicherweise einzelne Leser verstören – und gern würden wir auf die Anlässe dafür auch verzichten – aber wir sehen diese posthume Erwähnung und Würdigung ihres Wirkens als Möglichkeit der Danksagung unsererseits, die wir leider generell zu Lebzeiten viel zu selten an die vielen fleißigen und ungenannten Helfer unserer Projekte aussprechen.
Nach dem „9-Euro-Ticket“ soll uns nun also ab Anfang Mai das „49-Euro-Ticket“ respektive „Deutschland-Ticket“ erfreuen. Wie es nach vorliegender Informationslage aussieht, ist es wieder ein mit heißer Nadel gestricktes Konstrukt. Die gewünschte Vorgabe, die dampflokbetriebenen und touristischen Bahnen – auch wenn sie aus ÖPNV-Mitteln finanziert werden – von der pauschalen Anwendung auszunehmen, da durch sie eben nicht maßgeblich der originäre Nahverkehr bedient wird, scheint wieder nicht zur Vereinbarung zu gehören. Der kulturhistorische Wert der Bahnen, der nicht nur in der Beförderung von Menschen von A nach B liegt, wird weiterhin mit Ignoranz seitens der aushandelnden Beteiligten von Bund und Ländern behandelt. Das führt wahrscheinlich zu individuellen Aufpreis-Lösungen der Länder oder Bahnbetreiber, womit der einheitliche Charakter des deutschlandweit gültigen Nahverkehrstickets verlorengehen wird. Natürlich spielen die ÖPNV-Dampfeisenbahnen im großen Abstimmungschor auf Bundes- und Landespolitik nur eine ganz kleine Rolle. Aber eine strukturelle und systematische Auswertung der Erfahrungen des „9-Euro-Tickets“ hätte man eigentlich schon erwarten dürfen.
In diesem PK berichten wir über die geplante Verlängerung der Preßnitztalbahn bis Oberschmiedeberg. Wenn der Verein die nötige finanzielle Unterstützung seiner Mitglieder, Freunde und Spender erhält, wird es rasch vorangehen. Währenddessen schleppt sich der notwendige Ausbau des Eisenbahnnetzes in Deutschland weiter dahin. Das große Ziel eines „Deutschlandtaktes“ scheint bei allem politischen Gezerre um die Priorisierung von Instandsetzung und Neubau von Bahnstrecken gegenüber den Autobahnen verloren zu gehen. Noch immer fehlt der „große Plan“, wie man die vielen Hürden für den Schienenverkehr beim Wettbewerb mit der Straße beseitigt und wie das Streckennetz gleichberechtigt für alle Wettbewerber zu Verfügung gestellt werden kann. Die gemeinwohlorientierte Infrastruktursparte der DB AG, die es nach dem Koalitionsvertrag geben soll, lässt noch auf sich warten. Es steht leider zu erwarten, dass sich diese Gesellschaft auch erst einmal mit sich selbst und Organisationsfragen beschäftigen wird.
Das Ziel, im Jahr 2030 bis Oberschmiedeberg zu fahren, hat sich die Preßnitztalbahn selbst gesetzt. Es ist ambitioniert, da sie die Aufgaben zum Aufbau und die Finanzierung aus eigener Kraft stemmen muss. Das Ziel, den „Deutschlandtakt“ bis 2030 umzusetzen, muss man dagegen jedoch trotz Finanzierungsmöglichkeiten aus dem Topf des Steuerzahlers nach dem Stand der momentanen Aktivitäten als realitätsfern bewerten. Glück Auf und fahren Sie doch mal wieder mit der Eisenbahn
19.02.2023