Bücher-Markt
Vorgestellt: Wolkenstein – Jöhstadt. Mit der Preßnitztalbahn unterwegs • 1892–1986.
Andreas W. Petrak, André Marks
Wolkenstein – Jöhstadt.
Mit der Preßnitztalbahn unterwegs • 1892–1986.
180 Seiten, Format 28 x 26 cm, Hardcover mit etwa 450 farbigen und schwarzweißen Aufnahmen, Karten und anderen Illustrationen edition bohemica, Goldkronach 2022. ISBN: 978-3-940819-37-6 Preis: 39,95 Euro
Der Autor dieses Artikels bekennt freimütig, dass es sich hier eher um ein Empfehlungsschreiben als um eine Rezension handelt. Am 31. Mai 2022, pünktlich zum 130. Jahrestag der Eröffnung der Schmalspurbahn Wolkenstein – Jöhstadt, lieferte die Druckerei die neuen Bücher aus. Ein Exemplar bis zum Redaktionsschluss dieser PK-Ausgabe vollständig zu lesen, um eine umfassende Bewertung zu geben, war zeitlich nicht möglich. Ein Rezensionsversuch würde dem vorliegenden Werk nicht gerecht werden, zumal durchaus eine gewisse Voreingenommenheit zugegeben werden muss. Schließlich handelt es sich nicht um Belletristik oder irgendein Sachbuch, sondern um eine neue Art von Kompendium.
Doch zum Anfang zurück: Dem geneigten Leser dürfte der Autorenname Andreas W. Petrak sofort die Erinnerung an die zwischen 1992 und 2006 in mehreren Auflagen mit blauem Einband im Kenning-Verlag erschienenen Bücher „Die Schmalspurbahn Wolkenstein – Jöhstadt“ bringen. Mitnichten handelt es sich bei dem vorliegenden im grünen Einband und nahe am Quadratformat orientierten Werk um eine Nachauflage. Getreu dem Gedanken, dass an Geschichte nichts mehr zu ändern ist (auch wenn Geschichtsdeuterei in der heutigen Zeit vielfach bunte Blüten treibt), ist natürlich auch der Inhalt dieser Streckenbeschreibung vorgegeben. Allein die vielfältigen neu erkannten Details, kleinen Entdeckungen in der Analyse von verfügbarem Bildmaterial und inzwischen nutzbaren Dokumenten aus Archivbeständen gibt eine Fülle an Erkenntnissen wieder, die einem allein schon bei der ersten Lektüre den Atem verschlägt.
Und hier kommt ein wichtiger Vorteil dieses neuen Werkes zum Tragen: Die Autoren haben sich entschieden, nicht das Weglassen und Rausschneiden zu perfektionieren, sondern das umfangreiche Material über die „alte“ Preßnitztalbahn auf zwei Bücher zu verteilen. Der erste, jetzt seit Anfang Juni verfügbare Band behandelt in einem kurzen Geschichtsabriss die historischen Grundlagen, zeichnet aber ansonsten eine umfassende Beschreibung der Strecke samt aller Bahnstationen mit Bildmaterial, erklärenden Texten und Grafiken. Dafür passt der Begriff „Kompendium zur Strecke“ einfach besser als die schnöde Bezeichnung „Streckenmonografie“. Im Teil 2, der im September 2022 ausgeliefert werden soll, wird dann ausführlich auf die Vorgeschichte, die Chronologie der Bahngeschichte, den Abbau der alten Strecke bis 1989 sowie auf die Fahrzeuge geschaut. Schlussendlich wird ein Teil 3 perspektivisch den Zeitstrahl ab den ersten Bemühungen für eine Museumsbahn in den 1980er Jahren und dann im Detail ab 1988 durch die IG Preßnitztalbahn fortführen. Diese Aufteilung ist nicht Gründen der Mehrfachausschlachtung eines Themas, sondern dem bekannten Akribieansatz der Autoren geschuldet, denen glaubhaft das Interesse an einer umfassenden Betrachtung zugerechnet werden kann.
Natürlich kann man vielleicht auch nur mit dem ersten Teil dieser Buch-Trilogie auskommen, wie die Autoren etwas euphemistisch im Vorwort erklären. Aber wer will das? Ein Vergleich mit den von 1992 bis 2006 erschienenen Buchausgaben sei dennoch erlaubt, da der Rezensent jeweils im Prozess der Vorbereitung und Zuarbeit für diese Publikationen beteiligt war. Zu Pfingsten 1992, genau zum 100. Jubiläum der Schmalspurbahn, war es extrem wichtig und Dank persönlichen Einsatzes mehrerer Mitstreiter gelungen, eine Buchfassung zur Geschichte der zuvor in der breiten Bevölkerung in Vergessenheit geratenen Preßnitztalbahn vorliegen zu haben.
Der damals noch als junger Archivar der Reichsbahndirektion Dresden in den Katakomben des Dresdner Hauptbahnhofes arbeitende Andreas W. Petrak hatte in seiner Freizeit mit großer Gründlichkeit alle damals verfügbaren Quellen verarbeitet und war bis dato unbekannten Fotografien nachgejagt. Schon zu dieser Zeit war das Ergebnis ein notwendiger, aber trotz allem gut gelungener Kompromiss im begrenzten Seiten- und vor allem Farbdruckumfang. Bis zur 2006er Ausgabe wurden weitere Auflagen mit teils veränderter Bildauswahl und dem Aufbaustand der Museumsbahn entsprechenden Umfängen geringfügig angepasst. Wer diese Bücher im Schrank hat, sollte sie in diesem Wissen gut bewahren. Auch bei den letztgenannten Aspekten kann das neue Werk sichtbar punkten. Viele historische Fotos wurden mit neuester Scantechnik reproduziert, mehrfarbig vorliegende Aufnahmen sind entsprechend auch wiedergegeben, so dass das kontrastreiche Graustufenbild einen hervorragenden Zusammenhang darstellt. Der Bildschnitt folgt der Bildaussage und die Bildaufteilung auf den Seiten variiert stärker.
Nicht zuletzt die Erklärungen zu den Bildern sind ein wahrer Pluspunkt, Bildunterschriften werden gern schon mal ausschweifend, um den über die Bilder transportierten Situationen und Begebenheiten zu richtiger Wirkung zu verhelfen. Vergleichende Ansichten der Örtlichkeiten zu unterschiedlichen Jahreszeiten bzw. Jahren ergänzt mit Details aus betrieblichen Unterlagen und eingefügte Fahrplantabellen oder Fahrkarten runden die Darstellungen der Streckenabschnitte und Stationen ab. Mehrmals erwischte sich der Rezensent, an einzelnen Details festzuhängen und den Gedankengängen der Buchautoren bei der Erläuterung von Hintergründen und Zusammenhängen zu folgen. Das macht in jedem Fall die Qualität eines Buches aus.
Fazit: Unbedingte Kaufempfehlung.
14.06.2022