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Rezensiert: Deutsche Reichsbahn 1968 - Eine Reise in die DDR: Als die Dampflok noch regierte
Alfred Luft, Harald Navé, Rudolf Heym
Deutsche Reichsbahn 1968 - Eine Reise in die DDR: Als die Dampflok noch regierte
144 Seiten 22,7 x 27,4 cm mit etwa 175 farbigen und schwarzweißen Abbildungen GeraMond-Verlag, München 2015. ISBN-13: 978-3-95613-413-5 Preis: 24,99 Euro
Das Markenzeichen von GeraMond sind vor allem Bilderbücher mit exzellentem Druck. Wenn der verantwortliche Redakteur der von diesem Verlag herausgegebenen Zeitschrift „Lok-Magazin“ auf die Bildsammlung von Alfred Luft und Harald Navé zugreifen darf, dann verspricht das für das Auge von Anfang an puren Genuss. Denn die beiden Österreicher, von denen Harald Navé leider bereits im Oktober 2004 mit seinem Flugzeug tödlich verunglückt ist, waren in ihrer Jugend nicht nur mit guten Kameras und hochwertigen Filmen, sondern auch mit dem gewissen „richtigen Blick“ auf Reisen. Von ihrer Fahrt im Sommer 1968 wählte der in Thüringen aufgewachsene und lebende Rudolf Heym mehr als vier Jahrzehnte später etwa 175 herrliche Eisenbahnmotive aus. Das Titelbild von einer Lok der preußischen Gattung T14.1 mit urigen zwei- und dreiachsigen Sitzwagen in lieblicher Hügellandschaft Thüringens stimmt dabei ideal auf den Bildband ein. Denn die beiden Wiener haben sich keinesfalls auf Aufnahmen stolzer Schnellzüge mit Loks der Baureihen 01 und 03 in Berlin und Baumbergs Edelrenner der Baureihen 18 und 19 in Halle (Saale) beschränkt, sondern gezielt auch den Betrieb auf den schmalund regelspurigen Nebenbahnen der Deutschen Reichsbahn des Jahres 1968 dokumentiert. Und so können wir „Danachgeborenen“ uns 48 Jahre später ebenfalls auf eine fotografische Reise durch die DDR von Rügen bis in den Thüringer Wald begeben, die von der ersten bis zur letzten Seite fasziniert. Obwohl nicht wenige Motive bereits einmal in anderen Büchern veröffentlicht sind, runden diese Fotos die Auswahl der zahlreichen erstmals abgedruckten Aufnahmen harmonisch ab. Garanten für die informationsreichen Bildtexte waren Wolfgang Müller aus Leipzig, Heinrich Horstmann aus Rochlitz bzw. heute Mecklenburg und Michael Lüdecke aus Erfurt. Vor allem ersterem verdankt Rudolf Heym unzählige Hintergründe zu den abgebildeten Regelspurmotiven, nicht nur aus Sachsen! Den allein auf schmalspurige Strecken geeichten Eisenbahnfreund erwarten fotografische Erinnerungen an die ehemalige RüKB (vor allem Nordstrecke), die ehemaligen Franzburger Kreisbahnen, an die ehemalige MPSB, den Molli, den Pollo, die Schmalspurbahnen im Harz, die Spreewaldbahn, die Strecke Gera-Pforten – Wuitz-Mumsdorf sowie an mehrere sächsische Linien. Darunter befinden sich neben der Preßnitztalbahn auch die Strecken nach Schönheide, Oberrittersgrün, Oberwiesenthal, Wilsdruff, Kipsdorf, Radeburg sowie ins Zittauer Gebirge. Zur Begeisterung des Rezensenten für diesen Bildband trägt der Abdruck von 22 Porträtaufnahmen schmalspuriger Wagen bei! Er bedauert allerdings, dass diese Aufnahmen von der Wiedergabegröße fast alle sehr klein eingebaut worden sind. Und der inzwischen auch bei preußischen Kleinbahnen nicht mehr ganz unbedarfte Rezensent aus Sachsen bemängelt mehrere sprachliche Unsauberkeiten bei den Eigennamen der vormaligen Kleinbahngesellschaften (z. B. Schwächen beim Numerus) sowie bei Wagenbegrifflichkeiten. So ist „Reisezugwagen“ nun einmal der Überbegriff für alle regulär in Reisezüge eingestellte Wagentypen – also für Sitzwagen (älterer Begriff Personenwagen), Gepäckwagen (älterer Begriff Packwagen) und Postwagen, aber eben auch für Speise-, Liege- und Schlafwagen. Außerdem fehlt in vielen Fällen der Abdruck der angeschriebenen Reichsbahnnummer, die nämlich nicht in allen Fällen zweifelsfrei ablesbar ist. Beim Bild des 970-872 hätte bei der Angabe „ex LK 18“ das „LK“ aufgelöst gehört: Es bedeutet, dass dieser Wagen für die Kleinbahn Lindenberg – Kreuzweg beschafft worden war. Von solchen Details abgesehen liegt mit dem Bildband ein wirklich empfehlenswertes Buch vor, welches auf mattem Papier sauber gedruckt, vorbildlich gebunden und drucktechnisch makellos ist. Fazit: Ein herrlicher Bildband mit Aufnahmen aus allen Bezirken der DDR, der durch seine Druckqualität, gut recherchierten Bildtexte und seinen ungewöhnlich niedrigen Preis besticht.
14.02.2016