Editorial
Liebe Preß’-Kurier-Leser,
haben Sie sich eigentlich schon einmal eingehend mit der Frage beschäftigt, wie aufwändig der Unterhalt einer Dampflok ist? Ich meine dabei gar nicht so sehr die Vorbereitung zum Dienst, das Anheizen, das Fahren mit der Lok vor einem Zug oder das Nachbereiten. All das sind ja Tätigkeiten, die der interessierte Besucher – wenn er will – bei den Museumsbahnen und Eisenbahnmuseen mit Dampflokbetrieb beobachten und von deren Notwendigkeit er sich selbst ein Bild machen kann. Bei Führerstandsmitfahrten oder „Ehrenlokführerausbildungen“ kann man sogar die Arbeit des Lokomotivpersonals hautnah verfolgen. Nein, der Fokus meiner Frage liegt mehr darauf, dass eine Dampflok für den Betriebsdienst nach den gesetzlichen Vorschriften regelmäßig und spätestens aller vier Jahre einer Kesseluntersuchung oder aller acht Jahre einer vollständigen Fahrzeuguntersuchung unterzogen werden muss. Dazwischen sind die notwendigen turnusgemäßen Inspektionen, die Bremsuntersuchungen und Bedarfsreparaturen nicht zu vernachlässigen. Der Aufwand für die Untersuchungen aller vier bzw. acht Jahre schlägt regelmäßig zwischen 250 000 Euro und mehr als einer halben Million Euro zu Buche. Dabei werden die Lokomotiven teilweise komplett demontiert – vielfach müssen dann Baugruppen völlig erneuert oder aufwendig manuell aufgearbeitet werden, um sie wieder auf die verlangten Maßvorgaben zu bringen. Natürlich hat der Betreiber in gewissen Grenzen die Möglichkeit, etwas mehr oder weniger Aufwand in die Untersuchungen zu stecken. Das Ganze nennt sich dann Ausnutzung des Abnutzungsvorrates am Fahrzeug und ist letztlich aber nicht endlos wiederholbar. Wenn man diesen Aufwand betrachtet, ist ohne viel Rechenkunst klar erkennbar, dass es den Museumsbahnen und Dampflokbetreibern nur unter großen Anstrengungen möglich ist, diese Kosten durch Einnahmen aus dem Zugbetrieb zu decken. Vielfach setzen die Betreiber der Loks, zumeist in ehrenamtlicher Arbeit, viel eigenes Geld und fast unendlich viel Arbeitskraft in die Erhaltung der Fahrzeuge. Wenn Sie also das nächste Mal vor einem dieser dampfenden und schnaufenden Stahlrösser stehen – egal ob auf der Schmal- oder Regelspur – betrachten sie diese Fahrzeuge nur mal kurz aus diesem finanziellen Blickwinkel. Fragen, warum denn diese oder jene Lok nicht auch noch oder endlich wieder einmal fährt, sollten sich damit eigentlich erübrigen. Dass trotz dessen doch noch so viele Dampfloks im Einsatz zu erleben sind, sollte dann die eigentlich positive Erkenntnis sein.
Die kommenden Frühlingswochen bieten sich wieder bei allen Museumsbahnen, Eisenbahnmuseen oder Veranstaltungen der Vereine und Bahnbetreiber zahlreiche Gelegenheiten, nicht nur die Dampflokomotiven im Einsatz zu erleben. Wir können eigentlich nie genug darauf hinweisen, dass jeder Besucher dabei das ehrenamtliche Engagement einer Vielzahl von Menschen vor und hinter den Kulissen in Anspruch nimmt. Wenn Ihnen Dinge vor Ort gefallen, dann bekunden Sie ruhig gleich ihren Dank an Ort und Stelle und vielleicht auch Ihre direkte finanzielle Unterstützung mit einer Spende. Das motiviert die Beteiligten bei ihrer Arbeit am besten. Und sehen Sie kritikwürdiges, dann verurteilen Sie nicht gleich den Nächstbesten, sondern helfen Sie mit bei der Ursachenforschung, warum etwas nicht wie gewünscht angekommen ist.
Vielen Dank für Ihr Interesse an unserem gemeinsamen Hobby, Glück Auf
06.04.2015