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Rezensiert: Die Niederlausitzer Eisenbahn
Harald Großstück, Eric Schöne
Die Niederlausitzer Eisenbahn
192 Seiten im Format 21 x 30 cm mit Festeinband und 293 Abbildungen sowie 41 Tabellen VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2022 ISBN: 978-3-941712-84-3 Preis: 29,80 Euro
Trotz ihrer beachtlichen Streckenlänge von 113 km zwischen Falkenberg und Beeskow fristete die Niederlausitzer Eisenbahn (NLE) stets ein Schattendasein. Was sich auch daran zeigt, dass sie erst nach der Stilllegung und dem Rückbau der meisten Abschnitte mit einer Monografie gewürdigt wird, die nun zum 125. Betriebsjubiläum des ersten Teilabschnitts Uckro – Luckau erschienen ist. Das erste Kapitel behandelt in angenehm ausgewogener Weise die historische Entwicklung von der Vorgeschichte über die Zeit als Privatbahn, die DR-Zeit ab 1949 bis zur erneuten Privatisierung und den aktuellen Wiederbelebungsversuchen für die verbliebenen Abschnitte. Unter Nutzung zahlreicher Quellen schildern die Autoren dabei die Höhen und Tiefen, wobei letztere eindeutig überwiegen. Wie anschaulich herausgearbeitet wird, überlebte die Strecke nur dank der ihr wiederholt zugewiesenen Bedeutung durch die militärische Nutzung.
Thema des zweiten Kapitels sind die Bahnanlagen. Nach der baulichen und technischen Ausrüstung der Strecke werden alle Bahnhöfe und Haltepunkte vorgestellt, die meisten davon mit Gleisplänen und/oder Fotos. Die Texte bestechen durch ihre hervorragende Orts- und Detailkenntnis, wie der Rezensent als langjähriger Betriebsleiter der NLE zur DRE-Zeit bestätigen kann. Beeindruckend sind auch die Ausführungen zu den Anschlussbahnen: Sämtliche jemals vorhandenen Gleisanschlüsse werden aufgelistet und die wichtigsten ausführlicher vorgestellt. Unter anderem zeigen und beschreiben die Autoren erstmals die sechs zwischen 1936 und 1943 errichteten Anschlussbahnen zu Munitionsfabriken, Rüstungsbetrieben und anderen militärischen Anlagen.
Das dritte Kapitel befasst sich mit den Fahrzeugen. Unter anderem konnten die Autoren fast alle der zwischen 1897 und 1945 eingesetzten Lokomotiven und Triebwagen durch Abbildungen dokumentieren. Äußerst interessant und in dieser Form erstmals zusammengestellt sind die zahlreichen im Frühjahr 1945 mit Räumungszügen bei der NLE eingetroffenen Fahrzeuge schlesischer Bahnen. Aber auch die bei der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Regionaleisenbahn (DRE) eingesetzten Fahrzeuge werden in kompakter Weise berücksichtigt. Lediglich die Geschichte der Güterwagen kommt in diesem Kapitel etwas zu kurz.
Sorgfalt und Fleiß, mit denen sich die Autoren den umfangreichen Recherchen, aber auch der textlichen und grafischen Umsetzung gewidmet haben, sind mehr als vorbildlich. Einziger Wermutstropfen ist die durchwachsene Qualität der fotografischen Abbildungen, die teilweise den historischen Vorlagen geschuldet ist (etwa bei den erstmals veröffentlichten Fotos auf den Seiten 10, 18, 138 und 139), teilweise aber auch dem Verlag anzulasten sein dürfte (so bei den bereits in besserer Qualität bekannten Fotos von Hans Müller auf den Seiten 38, 142 und 152).
Fazit: Der Kauf dieses Buches kann uneingeschränkt empfohlen werden. Zum verhältnismäßig günstigen Preis erfährt man darin alles, was man über die Niederlausitzer Eisenbahn wissen sollte.
20.04.2022