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Rezensiert: Die Hänichener Kohlenbahn | Das Meisterwerk sächsischer Eisenbahnkunst
Jürgen Schubert
Die Hänichener Kohlenbahn
Das Meisterwerk sächsischer Eisenbahnkunst
304 Seiten im Format 22,3 x 29,8 cm mit mehr als 500 Aufnahmen sowie zahlreichen Faksimile-Abbildungen, Skizzen und Zeichnungen VGB Verlagsgruppe Bahn, Fürstenfeldbruck/Klartext Verlagsgesellschaft, Essen 2019. ISBN: 978-3-8375-1800-9 Preis: 59,95 Euro
Wo fuhr die Hänichener Kohlenbahn? Auswärtige mit wenig Wissen zur sächsischen Eisenbahngeschichte vermuten diese im Lugau- Oelsnitzer oder im Zwickauer Steinkohlenrevier. Gemeint ist jedoch die ab 1855 vor den Toren Dresdens zur Kohleabfuhr errichtete Strecke zum Windberg! Es geht also um die Windbergbahn? Jein – denn diesen Beinamen trug die erst 1907 bis Possendorf verlängerte und erst dann für den regulären Personenverkehr freigegebene Strecke der ehemaligen Kohlezweigbahn! Nachdem die Steinkohlevorkommen zwischen Windberg und Hänichen um 1900 erschöpft waren, lief nach dem Jahreswechsel 1906/07 der im April 1857 eröffnete Kohlenbahnbetrieb aus. Über diese fünf Jahrzehnte Eisenbahnbetrieb zwischen dem Döhlener Becken und den einzelnen Kohlegruben verfasste Jürgen Schubert in den vergangenen Jahrzehnten ein einzigartiges Buchmanuskript, das die Verlagsgruppe Bahn (VGB) annahm, auf 304 Buchseiten drucken ließ und seit Oktober 2019 verkauft.
Die „Kreuzspinnen“ genannten Meyer-Dampfloks, die legendären Windbergbahn-Aussichtswagen und der Zeit der Uranaufbereitungsanlage in Dresden-Gittersee spielen in diesem Buch also keine Rolle? Richtig – so ist es!
Wer jetzt glaubt, es handele sich deshalb um ein „langweiliges“ Buch, der irrt gewaltig! Denn mit Schuberts Werk liegt eine äußerst sorgfältig recherchierte Veröffentlichung vor. Über Jahrzehnte sammelte er in Archiven und bei Wanderungen entlang der Trassen alles, was zu „seinem Thema“ gehört. Und so findet der Leser beeindruckend genaue Angaben zu den einzelnen Gruben, Anschlussgleisen, zu den Hochbauten, zu den Fahrzeugen, aber auch zur zeitgenössischen Betriebsführung einschließlich Signal-Ausstattung. Gegliedert ist der 50-jährige Berichtszeitraum in zwei Teile: in die Zeit vom Bau bis 1868 als Bestandteil der Albertsbahn AG und in den anschließenden Kohlenbahnbetrieb unter Staatshoheit.
Auf den 304 Seiten setzt Schubert dieser nach heutigem Geschichtsverständnis ersten deutschen Gebirgsbahn ein mehr als würdiges Denkmal. Der Bau dieser bogenreichen Regelspurstrecke mit ihren engen Radien gilt bis heute als ingenieurtechnische Meisterleistung. Schubert gibt anhand zahlreicher historischer Dokumente einen tiefen Einblick in die Frühzeit des Eisenbahnbaus und zeigt die damaligen Herausforderungen auf. Es überrascht, wie großartig ein thematisch 1906/07 endendes Eisenbahnbuch illustriert sein kann! Das professionelle Layout der Buchseiten mit einigen frei gebliebenen Flächen lässt sich angenehm betrachten und unterstützt den Lesegenuss sowie das Erfassen von neuem Wissen. Dass einige Worte und Begriffe durch Tipp- und Gedankenfehler im Buch nicht ganz korrekt angegeben sind, ist ärgerlich, tut aber der Leistung Schuberts nur wenig Abbruch. Mit diesem Buch hat er sein Lebenswerk vorgelegt – Applaus!
Fazit: Ein hervorragend recherchiertes Buch über die Frühzeit der sächsischen Eisenbahnen mit reichhaltiger, sauber gedruckter Illustration, das mit überraschendem Facettenreichtum beeindruckt. Daher kann es allen sich ernsthaft mit Eisenbahnen beschäftigenden Lesern nur ans Herz gelegt werden – die Anschaffung dieses Werkes lohnt sich unbedingt!
10.02.2020