Geschichte(n) um das Preßnitztal
Leserzuschriften auf „Die preußische T12 in Niederschmiedeberg“
Im vorigen PK informierten Hans-Dieter Rändler und André Marks über eine vom Betriebsteil Niederschmiedeberg des VEB dkk Scharfenstein im Preßnitztal als Heizlok genutzte Maschine der preußischen Gattung T12. Am Ende des Berichtes baten sie die Leser um weitere Angaben zur Identität, zum Einsatz und Antransport der regelspurigen Lokomotive. Daraufhin gingen mehrere Schreiben bei der Redaktion ein. Der viele Jahre beim VEB dkk beschäftigte Karl Rennau aus Scharfenstein schrieb:
„Es ist erstaunlich, was ein Artikel in der Betriebszeitung ,dkk-Kühlung’, 9. Jahrgang, Nr. 9, vom 28. Juli 1964 nach 50 Jahren noch so bewegt. Ich habe versucht, weitere Informationen zu erhalten – aber leider vergebens. In der Betriebszeitung war der Artikel ein Einzelfall, weitere Veröffentlichungen zu dieser Lok gab es darin nicht. Die mit der Heizlok vertrauten Personen leben leider nicht mehr. An die Lok erinnert sich noch mancher, Einzelheiten sind allerdings nur noch wenige bekannt. Ich möchte aber die Gründe für den Einsatz der Heizlok nennen: Im Zweigwerk Niederschmiedeberg des VEB dkk Scharfenstein wurden die Haushaltskühlschränke hergestellt. Die Wärmedämmung erfolgte mittels Glas- und Mineralwolle. Diese sollte und musste durch Polystyrolschaum (Styropor) abgelöst werden. Die Herstellung des Schaumes und damit der Wärmedämmung des Kühlschrankes erforderte aber Heißdampf, den unser veraltetes Heizwerk mit Niederdruck nicht bieten konnte. Deshalb diente die Dampflok bis zur Inbetriebnahme des neuen Heizwerkes als Behelf. Da die Produktion des H 140 mit Polystyrolschaum 1963 begann, muss die Maschine ab diesem Jahr in Betrieb gewesen sein. Abgelöst wurde sie durch das neue Heizwerk etwa 1966/67. Das Bild in der Betriebszeitung zeigt die auch im Winter eingesetzte Lokomotive einschließlich ihrer Winterschutzumbauung und vieler Rohrleitungen. Der Antransport erfolgte nach meinen Informationen auf Tieflader per Straße.“ Der in Großolbersdorf bei Scharfenstein aufgewachsene Andreas Uhlig gehört zu den Mitgliedern der IG Preßnitztalbahn e. V. der ersten Stunde. Inzwischen lebt und arbeitet er jedoch bereits mehrere Jahre in der Schweiz, so dass er erst durch den Preß´-Kurier auf die Suche nach Informationen über die preußische T12 aufmerksam wurde. Seine Mutter ist als Ortschronistin in Großolbersdorf tätig und trat für ihren Sohn mit Kollegen im Preßnitztal in Kontakt. Daraufhin telefonierte Andreas Uhlig mit Herrn Buschmann und Ortschronist Lothar Schönherr in Niederschmiedeberg und schrieb danach der PK-Redaktion: „Die Lok kann nur bis maximal 1968 in Betrieb gewesen sein, denn dann wurde der Schornstein abgebrochen und das neue Heizwerk ging in Betrieb. An die Zerlegung der T12 Anfang der 1970er Jahre kann sich noch Herr Buschmann erinnern. Er war damals als Schlosser beim VEB dkk beschäftigt, hat aber beim Verschrotten selbst nicht geholfen – heute arbeitet er bei der Gemeinde Großrückerswalde. Herr Schönherr aus Niederschmiedeberg erzählte mir am Telefon, dass er mit dem noch lebenden Werkbahnlokführer Ottmar Neubert (?) aus Mittel- oder Oberschmiedeberg über die Heizlok gesprochen hat. Dieser meinte, die Lok sei per Schwertransport (Culemeyer?) und Tatra-Zugmaschine vom Bahnhof Gelobtland bei Marienberg die Straße nach Mittelschmiedeberg heruntergebracht worden.“
Reiner Scheffler kam nach der Veröffentlichung des T12-Beitrages mit Michael Göhler aus Riesa-Gröba ins Gespräch. Von Göhler stammt eine ältere Auflistung der Werklokomotiven des Stahl- und Walzwerkes Riesa, welche Rainer Müller ins im PK 148 genannte Riesa-Buch einbrachte. Michael Göhler liegen aber inzwischen Angaben vor, dass als Werklok 8” in Riesa nicht die 1906 von Hohenzollern gebaute 74 134 Erstbesetzung, sondern die 74 134 Zweitbesetzung diente. Hinter dieser Maschine verbirgt sich eine 1906 von der Union-Gießerei in Königsberg i. Pr. unter der Fabriknummer 1457 gebaute preußische T11, die nach dem Ersten Weltkrieg in den Bestand der Polnischen Staatseisenbahnen (PKP) gelangte. Die von den PKP als OKi1-25 geführte 1´Cn2t übernahm im Zweiten Weltkrieg die Deutsche Reichsbahn (DRB) und teilte ihr die Betriebsnummer 74 134 in Zweitbesetzung zu, da die 74 134 demnach Ende der 1930er Jahre bereits aus dem Reichsbahnbestand ausgeschieden war. Die unter der Leitung von Jens Merte zusammengetragenen Loklieferverzeichnisse der deutschen Hersteller sitzen demnach bei 74 134 Erstbesetzung einem Denkfehler auf. Dass es sich bei 74 134 Zweitbesetzung wirklich um eine preußische T11 – und nicht doch um eine preußische T12 handelte – kann wiederum Reiner Scheffler beweisen. Er sandte der PK-Redaktion ein von Günter Meyer am 3. Juli 1970 in Dresden-Friedrichstadt aufgenommenes Bild der Werklok 8 zu. Damit ist endgültig ausgeschlossen, dass in Niederschmiedeberg die Lok 8 des Stahl- und Walzwerkes Riesa geheizt hat. Weitere Angaben oder Fotos in Frage kommender Lokomotiven sind der Redaktion deshalb willkommen.
11.04.2016