Editorial
Liebe Preß’-Kurier-Leser,
in diesem Jahr wird es tatsächlich schon 25 Jahre her sein, dass für die Schmalspurbahnen im Osten Deutschlands eine neue Zeit anbrach. Auch wenn es in den Zeiten der politischen Wende in der damals 40 Jahre alten DDR wahrscheinlich nur sehr wenige Menschen aktiv wahrgenommen haben und es sicher auch kaum ein eindeutiges Zeichen des Umbruchs gegeben hatte: 1990 änderte sich die Schmalspurbahnwelt radikal. Die Pläne für den weiteren Ausbau des Tagebaus in Olbersdorf wurden aufgegeben, die Zittauer Schmalspurbahn brauchte somit nicht zu einer Vorort-Straßenbahn mutieren (wie manche Pläne besagten) und die Preßnitztalbahn sollte somit die letzte in der DDR eingestellte Schmalspurbahn bleiben. Gleichwohl wurde im Preßnitztal schon wieder aktiv mit schmalspurigen Utensilien herumgebastelt. Marode Strecken blieben zwar zunächst noch weiterhin marode, aber im Laufe des Jahres 1990 kam zuerst die D-Mark ins Land und später eine neue politische Ordnung. Im Harz sollte plötzlich wieder der lange nicht erreichbare Brocken mit der Schmalspurbahn angefahren werden. Aus den „gebrauchten“ Bundesländern kamen in die frisch dazu gekommenen Lande Heerscharen von Abgesandten aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft und staunten manchmal nicht schlecht über die hier und da zwischen Ostsee und Erzgebirge noch rauchenden Schlote der Dampfrösser. Deren schnelles Verlöschen wurde zwar von vielen selbsternannten Experten geschwind vorhergesagt – aber Dank der Zugehörigkeit der kleinen Bahnen zu einem mit größtem Beharrungsvermögen arbeitenden östlichen Teil einer größer gewordenen anfangs noch zweiteiligen Staatsbahn konnte man den Relikten gar nicht schnell genug die Kohle entziehen, bis sie doch genug in die Aufmerksamkeit des öffentlichen Interesses rücken konnten.
Wir wollen versuchen, diesem Phänomen des Jahres 1990 in den kommenden Ausgaben etwas tiefer auf den Grund zu gehen. Und dazu möchten wir Sie gern mit einbeziehen: Schreiben Sie uns doch einmal Ihre Erinnerungen, welche Verbindung Sie zwischen den Schmalspurbahnen und der Wendezeit sehen. Wir fangen auch schon einmal an, in unseren Archiven und Aufzeichnungen zu kramen – denn in dieser Zeit lag auch für mehrere Mitstreiter der Redaktion der Einstieg in das aktive „Eisenbahnfanzeitalter“. Der „Preß´-Kurier“ startet jetzt in den 25. Jahrgang, doch bis zum eigentlichen Jubiläum „25 Jahre“ mit 150 Ausgaben sind es noch acht Hefte. Da haben wir gemeinsam noch etwas Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen.
Nach meinem ironischen Einstieg ins vorige Heft ist es jedoch gleichzeitig angesagt, optimistisch vorauszuschauen. Auch 25 Jahre nach den einschneidenden Veränderungen gibt es Grund genug, nicht negativ über die Entwicklungen und Aussichten zu denken. Veränderungen gab es und wird es in der Zukunft geben. Bei den Eisenbahnmuseen und Vereinen ist das mehr denn je von der Gewinnung aktiv Mitwirkender abhängig. Diejenigen, die mit ihrer eigenen Hände Arbeit viele Projekte vorangebracht haben, müssen aber auch nach neuen Ideen und Wegen suchen, immer neue Interessenten für das Hobby zu begeistern. Dann haben die Bahnen, Fahrzeugsammlungen und Museumsanlagen eine gute Chance auf eine langfristige Existenz. Die Digitalisierung und damit verbundene permanente Ablenkung der Jugend vom realen Leben ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Aktuelle europa- und weltpolitische Ereignisse können uns dabei genauso wenig egal sein. 25 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges dürfen wir zum Schutz unseres Hobbys auch die Augen vor wachsender Intoleranz in Gesellschaft und Politik nicht verschließen.
Glück Auf
15.02.2015