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Rezensiert: Reichsbahndirektion Cottbus 1945–1990
Horst Kieschke, Sebastian Werner
Reichsbahndirektion Cottbus 1945–1990
176 DIN-A4-Seiten, Festeinband ca. 200 schwarzweiße Abbildungen sowie vierfarbige Kartenbeilage Rbd Cottbus 1960 VBN Verlag Bernd Neddermeyer ISBN: 978-3-941712-10-2 Preis: 32,80 EUR
Sie hatte nur 55 Jahre Bestand, dennoch bot sie auch in diesen vergleichsweise wenigen Jahrzehnten sehr viel Markantes: die Reichsbahndirektion Cottbus. Ein Buch über sie war nicht nur gerechtfertigt, sondern längst überfällig. Dem langjährigen Vizepräsidenten der Rbd Horst Kieschke aus Cottbus sowie dem studierten Historiker Sebastian Werner aus Halle (Saale) ist es zu verdanken, daß im Juni 2011 nun eine solche Monographie im Verlag Bernd Neddermeyer erscheinen konnte. Sauber gegliedert gehen die Autoren zunächst auf die historische Entwicklung der Eisenbahnen in Cottbus und in der Lausitz ein. Es folgen Beschreibungen zur Gründung der Rbd Cottbus zum 1. Oktober 1945 sowie ihre Anfangsstrukturen und -herausforderungen. Zum 1. Januar 1955 erweiterte die Generaldirektion der Reichsbahn die Rbd um das Reichsbahn- amt (Rba) Bautzen. Damit wurden neben dem Rba Cottbus und dem Rba Senftenberg nun auch die Eisenbahnen in der sächsischen Oberlausitz von Cottbus aus verwaltet. Diesen Darstellungen schließen sich z. B. Kapitel über den Dampflokeinsatz, die Elektrifizierung, Rationalisierungen und den internationalen Verkehr in der Rbd Cottbus an. Dabei werden vom privilegierten Durchgangsverkehr, über den Einsatz von mit Kohlenstaub gefeuerten Dampfloks bis über die Rolle der Braunkohlenindustrie alle Besonderheiten im Direktionsbezirk mit vielen Details beleuchtet. Einen hohen regionalen Bezug erreicht vorliegender Band, indem er alle großen Bahnhöfe, Bahnbetriebswerke und die beiden Raw in Cottbus und Görlitz vorstellt. Gefreut hat sich der Rezensent darüber, daß auch allen Schmalspurbahnen in der Rbd Cottbus Platz eingeräumt wird – sowohl den 1949/50 unter Reichsbahnverwaltung gekommenen im Spreewald und um Weißwasser als auch den in kommunaler Hand gebliebenen Stadteisenbahnen in Forst und Spremberg. Die 1955 in den Cottbuser Verwaltungsbereich gelangte Zittauer Schmalspurbahn wird ebenso beschrieben. Bei vielen 1949/50 von der Reichsbahn übernommenen Strecken hätte sich der Rezensent allerdings einen Hinweis auf die Rolle der Landesbahnen Brandenburg gewünscht. Ein Positivum ist, daß die Strecken nie losgelöst nur vom 1. Oktober 1945 bis zur Auflösung der Rbd Cottbus zum 1. Oktober 1990 betrachtet werden, sondern auch die Zeit davor und danach einfließt. Dieses Herangehen kommt auch der Beschreibung der Kohlenstaubloks zugute, die eben in den dreißiger Jahren und nicht erst nach 1945 beginnt. Als inhaltlichen Makel empfindet der Rezensent die Beschreibung zur geographischen Ausdehnung und Begrenzung der Rbd Cottbus 1945 auf Seite 16. Es ist sowohl für 1945 als auch für die heutige Zeit falsch, von der VR Polen und CSSR zu schreiben. Beide Staatsformen wurden erst viele Jahre später gebildet – und sind heute längst Geschichte. Ebenso mündet die Zittauer Neiße eben nicht in Guben, sondern mehr als 20 km weiter nördlich in Ratzdorf in die Oder. Sowohl hinsichtlich Schriftart und Schriftgröße als auch Wiedergabe der Abbildungen und Druck allgemein wird die Monographie den heutigen Anforderungen gerecht. Der Leser findet einen ansprechenden Querschnitt an für die Rbd Cottbus typischen Aufnahmen. Sie zeigen u. a. Dampfloks der Baureihen 17, 43 und 52 wie auch alle zeitgenössischen Elektro- und Dieselloks. Die Themen Bahnhöfe, Bw, Raw, Brücken, Kohlenstaubfeuerung, Kohleverkehr und Elektrifizierung sind hervorragend illustriert. Im Mittelpunkt viele Aufnahmen stehen jedoch auch die Eisenbahner.
Fazit: Das Buch erfüllt alle Erwartungen. Es stellt die Gründung, Entwicklung und Auflösung der Rbd Cottbus umfassend und dennoch unterhaltsam vor. Mit seiner reichhaltigen und hochwertigen Bebilderung kann es zum Kauf empfohlen werden.
16.10.2011