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Rezensiert: Die Zschornewitzer Kleinbahn GmbH
Volker Anton/Peter Pätz
Die Zschornewitzer Kleinbahn GmbH
90 kopierte A4-Seiten im Folieneinband 120 SW-, 40 Farbfotos u. 18 Zeichnungen Eigenverlag, Gräfenhainichen 2007 Preis: 20,– Euro (ohne Porto)
Die Zschornewitzer Kleinbahn – eine unbekannte Schmalspurbahn mitten in der Lommatzscher Pflege? Nein, falsch gedacht, Zschornewitz (wenige km westlich von Gräfenhainichen) kam 1815 unter preußische Knute. Wer beim Namen der Kleinbahn an das Königreich Sachsen dachte, war also auf dem Holzweg. Und wer an eine Schmalspurbahn dachte, der war es gleich erneut – denn die Zschornewitzer Kleinbahn gehörte zur großen Zahl der regelspurig ausgeführten Bahnen untergeordneter Bedeutung. Hervorgegangen aus verschiedenen Anschluß- und Grubenbahnen nahm die Kleinbahngesellschaft erst am 1. April 1919 den regulären Reise- und Güterverkehr zwischen Oranienbaum an der Dessau-Wörlitzer Eisenbahn und Burgkemmnitz an der KPEV-Hauptbahn Halle – Bitterfeld – Wittenberg – Berlin auf. Aufgabenschwerpunkt der 16,8 km langen Kleinbahn bildete die Bedienung des 1915 errichteten und mehrfach erweiterten Kohlekraftwerkes Zschornewitz. Bis zur Weltwirtschaftskrise (1929) entwickelten sich neben dem Güterverkehr auch der Reiseverkehr zur vollsten Zufriedenheit. Um das Betriebsergebnis anschließend nicht vollends zu ruinieren, genehmigten die Gesellschafter 1934 den Kauf eines zweiachsigen Dessauer Akkutriebwagens.
1949 verfügten die Sowjets den Rückbau des Abschnittes Möhlau – Oranienbaum, wenig später jedoch auch des Abschnittes Burgkemmnitz – Zschornewitz. Das Reststück (Groß-)Möhlau – Zschornewitz war seit Anfang der vierziger Jahre von Gräfenhainichen aus angebunden. Die Betriebsführung der verbliebenen Strecke erhielt in der DDR zu keinem Zeitpunkt die DR inne. Als Grubenbahn und Werkanschlussbahn (bis 1955 mit öffentlichem Reiseverkehr) überlebt die Bahn bis in unser Jahrtausend! Die im März 2006 ausgesprochene Sperrung der Gleise müssen nicht das Ende der ehemaligen Kleinbahn bedeuten, stellen aber eine Zäsur dar.
Über die spannende Entwicklung dieser Kleinbahn haben Volker Anton (Mitglied der IG Preßnitztalbahn e.V.) und Peter Pätz eine neue Broschüre vorgelegt, die eine Überarbeitung einer früheren Veröffentlichung darstellt. Die 90seitige Materialsammlung glänzt durch eine überraschende Fülle an Fotografien vor allem aus den ersten vier (!) Einsatzjahrzehnten der ZKB. Triebwagenfreunde, Freunde von C-Kupplern verschiedenster Bauart und sogar Wagenfreunde werden über die Schätze staunen. Ein mehrseitiger Tabellen- und Statistikteil macht die kopierten und anschließend verleimten Papierbögen zu einem guten Nachschlagewerk. Doch der Text läßt für den „ZKB-Neueinsteiger“ mehrere Fragen offen, vor allem zum Geschehen nach 1950. Der Wert der Fleißarbeit von Anton und Pätz liegt eindeutig in der Fülle an Abbildungen. Schade, dass bei einigen wenigen Fotos aus den vergangenen Jahren dabei jedoch die Proportionen aus dem Gleichgewicht geraten sind. Nichtsdestotrotz begeistert es, die vielen gestochen scharfen Schwarzweißfotos aus den zwanziger und dreißiger Jahren oder sogar drei Farbaufnahmen von 1936 zu betrachten.
Fazit: Anton und Pätz haben eine liebevoll zusammengestellte Materialsammlung zur Zschornewitzer Kleinbahn vorgelegt, deren Wert vor allem die historischen Fotos darstellen. Der Schwerpunkt der schriftlichen Abhandlung liegt auf der reinen Kleinbahngeschichte von 1919 bis 1950. Hinsichtlich des Preis-Leistungsverhältnisses ist die Broschüre im oberen Bereich angesiedelt. Dafür kommt der Kleinbahnfreund jedoch visuell durchaus auf seine Kosten.
Erhältlich ist die Broschüre bei: Foto Porst Gräfenhainichen, A.-Bebel-Straße 30, 06773 Gräfenhainichen, Telefon: 034953/21256 Fax: 034953/21656
06.04.2008