Fahrzeuge im Porträt
Dampflokomotive 52 8183-7
I. Einführung
Die Entstehung der Baureihe 52 geht auf den zweiten Weltkrieg zurück. Im dritten Kriegsjahr, 1941, marschierte die Wehrmacht in die Sowjetunion ein. Rasch drangen die deutschen Truppen in Richtung Moskau und Halbinsel Krim vor, die Blitzkriegsstrategie schien auch diesmal aufzugehen. Der deutsche Angriff wurde jedoch vor Moskau von der Roten Armee zum Stehen gebracht. Es folgte der Winter 1941 /42 mit Temperaturen von -40°C. Das Transportwesen zeigte sich diesen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Dampflokomotiven ohne ausreichenden Frostschutz versagten ihren Dienst, sowjetische Partisanen sorgten durch häufige Sprengungen wichtiger Nachschubstrecken für eine weitere Dezimierung des Lokbestandes. Die deutschen und für Deutschland eingespannten Lokomotivfabriken, die ohnehin überwiegend nur noch kriegswichtige Güterzugmaschinen herstellten, konnten den ständig steigenden Bedarf nicht mehr ausgleichen.
Im Frühjahr 1942 wurde deshalb der Bau von Fahrzeugen für die Reichsbahn in die Rüstungsproduktion integriert. Hierzu wurde unter Leitung des früheren DEMAG-Direktors Degenkolb ein „Hauptausschuß für Schienenfahrzeuge“ eingerichtet, der frei von einer Bindung an die Reichsbahn-Zentralämter die Beschaffung steuern sollte. Der technische Apparat der Reichsbahn war damit praktisch ausgeschaltet. Aufgabe des Hauptausschusses war es, alle Maßnahmen hinsichtlich einer Vereinfachung der Konstruktion und Fertigung zu treffen. Umgehend begannen die Entwicklungsarbeiten an einer stark vereinfachten Kriegslokomotive, die aus der Baureihe 50 abgeleitet wurde. Das Baumuster konnten die Borsig-Lokomotiv-Werke in Hennigsdorf bereits am 12. September 1942 fertigstellen.
Da in den einzelnen Lokomotivfabriken in unterschiedlich starkem Maße Lokomotiven der Baureihe 50 bereits angearbeitet waren, wurde schließlich beschlossen, diese unter Nutzung zahlreicher Vereinfachungsmöglichkeiten in die Baureihe 52 überzuleiten. So entfielen die Windleitbleche, der Oberflächenvorwärmer und Teile des Umlaufes. Lokomotiven, die noch als Baureihe 50 bestellt worden waren, wurden je nach Grad der Vereinfachung bei der Lief????rung in die neue Baureihe 52 eingereiht.
Von der ursprünglichen Baureihe unterschieden die Kriegsloks u. a. folgende Details:
- Kessel ohne Vorwärmeranlage, dafür zweite Strahlpumpe, fehlende Windleitbleche, nur ein zentraler Sandkasten
- Wegfall der Achslagerstellkeile
- geschmiedete Stangen mit angeschweißten Stangenköpfen
- hauptsächliche Verwendung eines geschweißten Blechrahmens anstelle des bisher üblichen Barrenrahmens
- Frostschutz für den Einsatz in den besetzten Gebieten der Sowjetunion
Als Tender wurden selbsttragende Wannentender der Bauart 2’2’T 30 und Steifrahmentender der Bauart 4 T 30 eingesetzt. Durch die Vereinfachungsmaßnahmen konnten letztlich 24 Tonnen Material pro Lokomotive gespart werden. Die Vereinfachungen und die Konzentration auf wenige Baureihen ließen die Produktionszahlen stetig steigen. Im Juli 1943 lieferten die Lokfabriken Deutschlands und der besetzten Gebiete pro Tag bis zu 51 Lokomotiven der neuen Baureihe 52 aus! Anschließend wurden die Produktionszahlen wieder auf deutlich unter 500 Lokomotiven pro Monat zurückgefahren, da der Panzerbau in der Prioritätenliste aufgestiegen war und die Stahlkontingente nun hierfür eingesetzt werden mußten.
Bis Kriegsende verließen etwa 6000 Lokomotiven der Baureihe 52 die Fabrikhallen, darunter 178 in einer Ausführung mit Kondenstender, der in den Weiten der russischen Steppe den Wasserbedarf decken sollte. Nach Kriegsende fanden sich die 52er fast’in allen europäischen Ländern wieder, etwa 1500 Lokomotiven verblieben im Bereich der Deutschen Reichsbahn der SBZ/DDR.
II. Die Rekonstruktion
Anders als in der Bundesrepublik waren die 52er in der DDR - mangels größerer Stückzahlen an Loks der Baureihen 44 und 50 - aus dem Güterverkehr nicht wegzudenken. Mit der Gattungsbereinigung 1947 wurden sie vorrangig in den Rbd Berlin, Magdeburg, Cottbus und Halle stationiert.
Schon bald zeigten sich neben dem bekannten Konstruktionsmangel der fehlenden Achsstellkeile auch schwere Schäden an den Stehkesseln. Die Deutsche Reichsbahn sah sich deshalb gezwungen, diese kurzfristig zu ersetzen. Die 1959 der Generalreparatur (GR) zugeführten 69 Lokomotiven erhielten gleichzeitig Achsstellkeile und einen Mischvorwärmer Bauart lfS. Da sich die Kosten für die Erneuerung des Kessels kaum von denen einer Ausrüstung mit dem Kessel 50 E unterschieden, bot sich die Möglichkeit an, diese Kessel nun auch auf der Baureihe 52 einzusetzen.
Vom 5. August bis zum 23. September 1960 erhielt 52 671 den neuen Reko-Kessel und verließ als 52 8001 das Raw Stendal. Dabei wurden am Rahmen der 52er alle notwendigen Anpaßarbeiten vorgenommen, um die Kessel mit der Baureihe 50 tauschbar zu halten, was in mehreren Fällen auch ausgenutzt wurde. Der Kessel 50 E war mit einer Verbrennungskammer ausgeführt worden, um die Verdampfungsleistung steigern zu können. Analog zur Baureihe 50 zierten nun zwei Sandbehälter den Kesselscheitel. Der Luftbehälter wanderte auf den rechten Umlauf. Wie die GR-Maschinen wurden auch die Reko-52er mit Achsstellkeilen versehen.
Die letzten 15 Maschinen verließen das Raw Stendal bereits mit einem Giesl-Flachejektor, der zur Brennstoffeinsparung beitragen sollte, weitere Maschinen erhielten ihn nachgerüstet. Als letzte Maschine verließ 52 8200 am 22. Dezember 1967 das Raw Stendal, die Rekonstruktion der Baureihe 52 war damit abgeschlossen. Eigentlich sollte die Baureihe 52 Anfang der achtziger Jahre abgestellt werden. Die Erdölkrise zwang jedoch die Reichsbahn dazu, bereits abgestellte Maschinen wieder zu reaktivieren. So übernahmen Reko-52er ab 1983 die Dienste der abgestellten Öl-50er des Bw Angermünde und Leistungen der ölgefeuerten 44er der Bw Sangerhausen und Nordhausen!
Auch die 52er-Hochburgen in der Lausitz erweiterten ihre 52er-Einsätze, hatten sie doch Diesellokomotiven der Baureihe 118 zum Ersatz der ölgefeuerten Dampfloks abgeben müssen. Bis 1987 konnte auf die Rekoloks nicht verzichtet werden. Erst die großflächige Elektrifizierung der Hauptstrecken setzte Mitte der achtziger Jahre die Dieselloks frei, die den Dampfbetrieb endgültig ablösen konnten. Die letzten planmäßigen Einsätze in der Lausitz absolvierte 52 8195-1 im August 1988 vor Güterzügen des Bw Zittau, vereinzelt kamen 52er aber auch noch bis 1994 vor Regelzügen zum Einsatz, so bei Plandampfveranstaltungen oder Eilzügen im Berliner Raum.
III. Die 52 2656 bei der DRB und DR
Die heutige 52 8183-7 verließ als 52 2656 im Jahre 1943 unter der Fabriknummer 27834 die Fabrikhallen von Henschel & Sohn in Kassel. Die Lok wurde ab Werk mit einem Tender K 4 T 30 geliefert, sie war also die ersten Jahre mit einem Steifrahmentender unterwegs. Abweichend von der Baureihe wird der Treibraddurchmesser nur mit 1350 mm gegenüber 1400 mm angegeben, die Höchstgeschwindigkeit war auf 70 m/h herabgesetzt.
Über ihre ersten Einsatzmonate liegen keine Angaben vor, da das heutige Betriebsbuch eine Zweitfassung von 1963 ist.
Nach Kriegsende wurde die Lok beim Bw Wittenberge geführt. Am 8. Juni 194 7 wurde sie in den Berliner Raum umstationiert, die Bw Karlshorst, Rummelsburg und ab 12. Juli 1950 Wustermark waren nun ihre Heimat.
Möglicherweise war sie im Rahmen einer Lokomotivkolonne eingesetzt, denn 194 7 /48 wurden Unterhaltungsarbeiten an der Lok durch den Eisenbahnausbesserungszug 4 im Bw Seddin ausgeführt. Am 1. Februar 1967 wurde die 52 2656 dem Raw Stendal zugeführt, das von 1949 bis 1979 für die Betreuung der Lokbaureihe zuständig war. Nur einem Monat später verließ sie das Werk mit neuem Reko-Kessel und der Betriebsnummer 52 8183. Bei der Rekonstruktion wurden als „normale Bauartänderungen“ der Einbau von Achsstellkeilen, eines Mischvorwärmers, eines Rußbläsers, eines luftgesteuerten Abschlammautomaten sowie eines Läutewerkes vermerkt. Als neuer Dampferzeuger kam der unter der Fabriknummer 34132 vom Schwermaschinenkombinat „Karl Liebknecht“ in Magdeburg gefertigte Neubaukessel vom Typ 50 E zum Einsatz.
Gleichzeitig wurde die Lok mit einem Wannentender 2’2’T 30 ausgerüstet. Derart erneuert, kam sie ab 1. März 1967 beim Bw Oebisfelde zum Einsatz, wechselte aber bereits am 28. Juni 1967 zum BwStendal. Nur ein Jahr nach der Rekonstruktion wurde die Lok am 31. Mai 1968 mit dem Giesl-Flachejektor ausgerüstet.
Vom 12. November 1971 bis zum 19. März 1972 erfolgten nochmals Einsätze beim Bw Oebisfelde, anschließend - bis zum 24. Mai 1977 -wiederum beim Bw Stendal. Ab 25. Mai 1977 wurde die Oberlausitz ihre neue Heimat, zunächst im Bw Bautzen. In dieser Zeit verlor sie auch die Giesl-Ejektor, da die Lizenz für dieses Bauteil abgelaufen war. Im Dezember 1982 und vom 22. April bis 8. Juni 1983 wechselte sie kurzzeitig zum benachbarten Bw Kamenz. Auch das Bw Zittau beheimatete die Lok vom 21. August 1986 bis zum 12. März 1987. Nach ihrer Rückkehr nach Bautzen stand die Lok jedoch kaum noch im Einsatz - der Traktionswechsel zeichnete sich ab. So stand die Lok im Juni 1987 letztmalig zwei Tage unter Dampf und einen Tag zur Ausbesserung im Bw. Am 24. Juli 1987 wurde sie von der Ausbesserung zurückgestellt. Anschließend fand sie sich an der Spitze einer langen Reihe abgestellter Lokomotiven auf der ehemaligen Strecke in Richtung Wilthen wieder. Ihr Schicksal schien damit besiegelt.
IV. Vom Schrottplatz zur Museumslok
Warum 52 8183-7 in der DDR nicht zur Schrottgewinnung verwendet wurde, läßt sich eigentlich nur unter dem Blickpunkt der Landesverteidigung erklären, denn Schrott zählte damals zu den kostbarsten Rohstoffen!
So überstand sie jedenfalls auch die Wende auf den Bautzener Abstellgleisen. Am 3. November 1992 wurde sie von dort mit einem Lokzug zum neuen Sammelbahnhof Schwarzenberg überführt, wo sie mit anderen 52ern auf dem Bekohlungsgleis stand. Da sie vollständig erhalten war, wenn auch in schlechtem Zustand, wurde die Lok vom VSE übernommen. Sie sollte die Sammlung im Eisenbahnmuseum bereichern, das nebenan im alten Lokschuppen entstand.
Nach Überarbeitung der Rauchkammer konnte 52 8183-7 erstmals im Mai 1993 dem Publikum zu den 1. Schwarzenberger Eisenbahntagen präsentiert werden.
Im Juni 1995 erfolgte eine Grundreinigung der Lok, im August 1995 konnte die Rostschutzfarbe aufgebracht werden. Die Neulackierung wurde schließlich im Mai 1996 ausgeführt. Nachdem auch der Tender im Sommer 1996 neu lackiert werden konnte, stand einer Präsentation der gesamten Lok zur Herbstausstellung im September 1996 nichts mehr im Wege. 52 8183-7 erinnert damit an die Zeiten, da 52er des Bw Aue, allerdings in der Originalausführung, auf den Erzgebirgsstrecken aushelfen mußten.
28.01.2004