Editorial
Liebe Preß’-Kurier-Leser,
die Missachtung der an einem Bahnübergang für den Straßenverkehr geltenden Regeln war mutmaßlich Auslöser eines schweren Unfalls und damit eines gravierenden Eingriffs in den Bahnbetrieb, bei dem die I K Nr. 54 mit einem Sonderzug am 9. September auf der Döllnitzbahn mit einem traktorgezogenen Anhänger kollidierte. Unser Mitgefühl gilt insbesondere den beiden Schwerverletzten, die sich inzwischen auf dem Weg der Besserung befinden, sowie den zahlreichen leicht Verletzten.
Dass die stark in Mitleidenschaft gezogene I K und die eingesetzten zweiachsigen Wagen des Zuges, die ebenfalls teils erheblich beschädigt wurden, nach Klärung der versicherungsrechtlichen Fragen wiederaufgebaut werden, steht außer Frage. Die verbindende Wirkung dieses gemeinsamen Projektes ist sehr stark.
Ein branchenübergreifender verbindender Effekt war auch auf der InnoTrans 2022, der internationalen Leitmesse für Verkehr, Mitte September in Berlin zu spüren. Nach vier Jahren fand der Austausch der Menschen, Partner, Auftraggeber und Auftragnehmer endlich wieder auf persönlicher Ebene statt. Der Stand der Technik, zahlreiche Innovationen und die Leistungsbreite der Branche von Fahrzeugherstellern, Systemhäusern, Komponentenlieferanten, Einzelteilherstellern bis über die große Breite der Dienstleister standen zur Schau. Die weltweiten Anforderungen sind groß, die Bahnbranche insbesondere muss in den kommenden Jahren beweisen, dass sie die Schubkraft für nachhaltiges Wirtschaften und Transportieren bietet.
Der Kreistag des Landkreises Rostock allerdings hat sich am 21. September 2022 gegen die Schubkraft des Molli für die Entwicklung der Region ausgesprochen und möglichen Streckenverlängerungen bis Warnemünde bzw. Rerik vorläufig eine Absage erteilt. Die prognostizierte Verdoppelung der Fahrgastzahlen war es den Abgeordneten bei einer Investitionssumme von rund 100 Millionen Euro nicht wert, dieses Projekt derzeit fortzusetzen. Bereits im Vorfeld hatte sich darüber eine kontroverse Entscheidungslage abgezeichnet, da es Ausschussempfehlungen pro und contra zum Streckenausbau gab. Dabei hatte sich der Kreistag konkret auch gar nicht mit dem eigentlichen Erweiterungsprojekt beschäftigt, denn es sollten aufbauend auf einer ersten Machbarkeitsstudie der TU Dresden aus dem Jahr 2019 erst einmal weitere Vorplanungen, Untersuchungen und Finanzierungsmodelle erarbeitet werden. Nach dem Votum des Kreistages kündigte der Landrat nun an, das Projekt in der Gesellschafterversammlung als Mehrheitsgesellschafter der Mecklenburgischen Bäderbahn Molli GmbH nicht weiter zu verfolgen.
Weiter „dranbleiben“ sollten dagegen alle Eisenbahnfreunde trotz allseits steigender eigener Lebenshaltungskosten bei der Unterstützung der vielfältigen Vereins-, Bahnen- und Museumslandschaft in unserem Land. Alle tragen gleichermaßen schwer an den inzwischen auflaufenden Betriebskostenerhöhungen – insbesondere bei den Energieträgern – und müssen diese Kosten über steigende Eintritts- und Fahrpreise umlegen. Ein Spar-Boykott mag vielleicht eine Reflexreaktion sein, dieser gefährdet aber sehr stark den Fortbestand der Einrichtungen. In der bald anstehenden Vorweihnachtssaison bietet sich eine gute Gelegenheit, an Fahrtagen und Feiern die Verbundenheit mit den Bahnen und Museen zum Ausdruck zu bringen. Danke für Deine Unterstützung.
Glück Auf
06.10.2022