Editorial
Liebe Preß´-Kurier-Leser,
wir nutzten in zahlreichen Ausgaben immer einmal die Möglichkeit, unseren Blick um Jahre oder Jahrzehnte zurückzuwerfen, um damit nicht nur den Nichtdabeigewesenen eine Geschichte aus der Vergangenheit aufzutischen, sondern auch auf die Veränderungen und das Geschaffene in dem verstrichenen Zeitraum hinzuweisen.
Ich höre öfter die Aussage von Eisenbahnfreunden und Fahrgästen, daß es ihnen heute vorkommt, als würde alles viel zu lange dauern. Man müßte doch dieses oder jenes Projekt viel schneller realisieren können und man müßte doch für viel mehr Abwechslung und Neuerung bei den Schmalspurbahnen sorgen, damit sie attraktiv bleiben. Zum Glück sind diese Meinungen nur eine Minderheit, aber man kann sie nicht ignorieren.
Allein im letzten Jahrzehnt hat es auf den Schmalspurbahnstrecken in Sachsen eine Vielfalt im Fahrzeugeinsatz gegeben, die es im gesamten Zeitraum des Bestehens davor nicht gab. Selbst im Harz waren in diesem Jahr geradezu unglaublich viele Gastfahrzeuge zu sehen. Daran kann es also nicht liegen, auch was in der Menge an baulichen Aktivitäten umgesetzt wurde, sucht in der Vergangenheit vergeblich nach Vorbildern. Manchmal fragt man sich eher verwundert, wie dies noch zu steigern sein soll.
Woraus entsteht also der Erwartungsdruck, immer höher, immer weiter, immer schneller und vor allem immer mehr bieten zu müssen?
Die Zeit ist nicht schnelllebiger geworden, sie vergeht auch nicht langsamer. Es liegt zu einem nicht unerheblichen Teil an uns selbst. Projekte werden „fertiggemeldet“, der interessierte Betrachter kennt nur den Vorzustand und das Endergebnis. Es fehlt an der Vermittlung des Weges dazwischen, der steinigen Arbeitsschritte, die zugegebenermaßen auch schwer erklärbar sind. Das fängt damit an, daß Zwischenzustände sehr wohl dokumentierbar sind, daß man regelmäßig Fotos macht und darüber berichtet. Und es geht damit weiter, Zwischenetappen erlebbar zu machen.
Der Weg (zum Erreichen unserer Vorhaben) ist das Ziel. Darin müssen alle Museen und Museumsbahnen ihre Fertigkeit entwickeln. Die Feier nach einem bewältigten Projekt ist wichtig, doch kommt die berechtigte Frage, wie es danach weiter geht. Den Erfolgsdruck für sich selber darf man nicht „bekämpfen“, den braucht man als Triebkraft und Motivator. Doch nach außen muß man einen Weg finden, die Spirale der „Materialschlachten“ im Griff zu behalten, sonst wird der Erwartungsdruck auf Dauer unbeherrschbar.
Fürwahr ein Vorwort mit wenig konkretem Bezug zum Inhalt des Heftes. Die Praktiker der Eisenbahnen und Museen werden den Sinn allerdings sehr wohl verstehen und für alle anderen Leser ist es vielleicht ein guter Ansatz, einmal über ihre Erwartungshaltung nachzudenken, die sie den verschiedensten Projekten entgegenbringen.
Aber bitte beim Nachdenken nicht vergessen, einmal wieder Bahn zu fahren oder ein Museum zu besuchen.
Glück Auf
08.10.2012