Rettet die Bahnzeit!
Eine gemeinsame Aktion vieler interessierter Fernsehzuschauer wurde gestartet
Am 14. Januar 2010 startete mit der Freischaltung der offiziellen Internetseite zur Aktion www.rettet-die-bahnzeit.de ein bisher in der deutschen Fernsehlandschaft einmaliges Projekt. Zunächst nur für die im Internet aktive Gemeinschaft der Eisenbahnfreunde wurde eine Plattform ins Leben gerufen, um den bereits zuvor angelaufenen Protest Einzelner gegen die Einstellung der Fernsehsendung „MDR-Bahnzeit“ zu bündeln. Diesem Protest soll eine sichtbare Größe gegeben werden, um über die gemeinsame Ansprache weiterer Interessengruppen eine noch nicht dagewesene Unterstützung für eine Fernsehsendung zu organisieren. In einer zweiten Stufe wurden die Abonnenten der Zeitschriften „Der Preß´-Kurier“ und „Dampfbahn-Magazin“ zur Unterstützung der Aktion gebeten. Vorgefertigte „Protestpostkarten“ zum Versand an den Intendanten des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) verstärken seither den öffentlichen Druck auf die Fernsehanstalt.
Das erklärte Ziel der Initiatoren und der Unterstützer ist es, den MDR zur Rücknahme der Entscheidung zur Einstellung der Sendereihe „MDR-Bahnzeit“ zu bewegen. Seit dem Start bekundeten bereits über 2500 Menschen die Unterstützung der Ziele der Aktion und ergänzten diese teils mit umfangreichen eigenen Kommentaren. Erstmals ist es gelungen, daß medienübergreifend Zeitschriftenleser und Internetnutzer für eine Fernsehsendung in die Bresche springen.
Kernansatz der ganzen Aktivitäten der Projektinitiatoren ist, ohne polemische oder personenfixierte Anfeindungen einen klaren positiven Anspruch gegenüber dem MDR zu vertreten: Wir wollen, daß die beliebte und notwendige Sendereihe „MDR-Bahnzeit“ fortgesetzt wird!
Ein wesentlicher Ansatz für diese Forderung war die Erkenntnis, daß die Sendereihe nicht nur „irgendeine Eisenbahnsendung“ ist. Vielmehr hat sie in erheblicher Weise dazu beigetragen, den Bekanntheitsgrad für die zahlreichen Eisenbahnprojekte, Bahnen und Museen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu verbessern. Auch die Wirkung der Sendung außerhalb des heimatlichen MDR-Sendebereichs ist wichtig, um Besucherpotential für die Ziele zu generieren. Unzählige touristische Einrichtungen im Sendegebiet sind die Nutznießer eines höheren Bekanntheitsgrades. Insbesondere in den ländlichen Regionen des Sendegebietes, die sehr wesentlich von der Wirtschaftskraft des Tourismus abhängig sind, ist die Medienwirksamkeit des Fernsehens noch immer unübertroffen. Eine andere Sendung, die diese Aufgabe adäquat übernehmen könnte, gibt es nicht – weder im öffentlich-rechtlichen noch im privaten Fernsehen.
Was ist das Besondere an dem Protest?
Direkt nach Ausstrahlung der vorerst letzten Sendung der „MDR-Bahnzeit“ am 11. Dezember 2009 – mit der Mitteilung zur Absetzung im Abspann der Sendung – gingen beim MDR zahlreiche Protestschreiben und E-Mails ein. In vielen Telefonaten von Freunden der Sendung wurde versucht, Gründe für die Einstellung zu erfahren.
Mit der üblichen Routine und wenig aussagekräftigen Antworten reagierte man beim MDR – war man doch sicher, daß der Protest, wie üblich, nach ein paar Tagen wieder abebben würde.
Sehr geehrter …,
wir bedauern wie Sie, dass die Sendung MDR-Bahnzeit nicht fortgeführt werden kann.
Leider ist das Sendegebiet des Mitteldeutschen Rundfunks in besonderem Maße von Arbeitslosigkeit und Abwanderung betroffen. So gibt es eine sehr große Anzahl von Menschen, die aufgrund ihrer schwierigen wirtschaftlichen Situation von der Rundfunkgebühr befreit sind. Außerdem gehen jedes Jahr rund 70 000 Menschen als Gebührenzahler, z.B. durch Wegzug, verloren. Das führt zu erheblichen Mindereinnahmen, so dass der MDR zusätzliche Einsparungen vornehmen muss. Davon bleibt das Programm nicht verschont, und leider trifft dies auch die Sendung Bahnzeit. Das tut nicht nur vielen Zuschauern weh, sondern auch den Machern der Sendung.
Mit freundlichen Grüßen
Redaktion Wirtschaft/Verbraucher
MDR FERNSEHEN
Allerdings hatte man sich wohl mit der Annahme verrechnet, daß der Protest schnell wieder vorbei sein würde. Nach der Bitte an die PK-Leser im Heft 111 zu entsprechenden Aktivitäten und auch durch einige ebenfalls auf die Einstellung der Sendung aufmerksam gewordene Internetforen setzte sich der Protest in Richtung MDR auch über Weihnachten und den Jahreswechsel fort.
Bis Anfang Januar gingen (nach nicht offiziellen Aussagen aus der Rundfunkanstalt) schon über 350 Protestbekundungen ein. Schon zu diesem Zeitpunkt hatte der Widerspruch gegen die vom MDR getroffene Entscheidung die Dimension einer vorher nicht gekannten Größenordnung erreicht. Ende Januar hatte man bereits einen Postberg von rund 2000 Protestkarten, Briefen und E-Mails zu bewältigen, was jedoch die Aussageschärfe der Antworten (nur auf eingegangene E-Mails) nicht verbesserte:
Sehr geehrter Herr …,
vielen Dank für Ihre erneute e-Mail. Es freut uns, dass Sie sich so engagiert für die Sendung „MDR-Bahnzeit“ interessieren.
Zu Ihrer Information: Die Sendereihe hatten wir seit 2001 im MDR-Programm. Leider mit sehr schwankendem Erfolg. Da wir dem Sendeformat die Chance geben wollten sich an einem geeigneten Programmplatz zu etablieren, haben wir verschiedene Tage und Uhrzeiten ausprobiert.
Leider ist allerdings das gewünschte Ergebnis, die Akzeptanz der Sendung bei den Zuschauern zu erhöhen, ausgeblieben. Nach einer detaillierten Auswertung mussten wir feststellen, dass diese Sendung leider nur einen sehr kleinen Teil unserer Zuschauer ansprach.
Vor dem Hintergrund dieser und der bereits genannten Gründe aus unserem ersten Antwortschreiben, haben wir letztlich die Entscheidung getroffen, die Sendereihe „MDR-Bahnzeit“ einzustellen.
Wir hoffen, dass diese auch für uns wenig erfreuliche Entscheidung vor dem Hintergrund der aller subsumierten Aspekte auf Ihr Verständnis trifft.
Mit freundlichen Grüßen
Redaktion Wirtschaft/Verbraucher
MDR FERNSEHEN
Protestkartenschreiber und Briefschreiber mit sehr detailliert dargelegten Inhalten warten übrigens bisher vergeblich auf eine Antwort. Auch die Projektinitiatoren Jörg Müller und Helge Scholz wandten sich mit einem Brief unter Verweis auf die große Unterstützung für die Sendung an den Intendanten, Prof. Dr. Reiter, ohne daß bisher eine Reaktion erfolgte.
Jedoch blieb nicht unbemerkt, daß inzwischen alle verantwortlichen Stellen des MDR Kenntnis vom Projekt genommen haben.
Der Start der Aktion „Rettet die Bahnzeit!“
Bereits wenige Tage nach Versand des Heftes 111 des „Preß´-Kurier“ am 18. Dezember meldeten sich zahlreiche Leser, einige meinten konkret „… gegen die Absetzung der Sendung müsste man doch mehr machen …“.
Dies brachte Überlegungen ins Rollen, bei denen zunächst in mehreren Telefonaten die Möglichkeiten einer konzertierten Protestaktion gegenüber dem MDR sondiert wurden. Weiter ging es natürlich auch um organisatorische und technische Möglichkeiten, ein derartiges Projekt mit der Ansprache möglichst vieler Menschen voranzubringen. Am 22. Dezember entstand das Konzept für die Internetseite und die ersten Schritte des Projektes wurden besprochen. Am Folgetag verständigten sich die Herausgeber und Chefredakteure von „Preß´-Kurier“ und „Dampfbahn-Magazin“, dieses Projekt gemeinsam zu initiieren und dabei auch das gemeinsame Potential der Leser und Abonnenten in die Waagschale zu werfen.
Heiligabend 2009 wurde die Domain „rettet-die-bahnzeit.de“ registriert, in den folgenden Tagen bis Anfang Januar erfolgte der Aufbau der Webseite, die Erstellung der Inhalte sowie die Vorbereitung der „Postwurfsendung“.
Einen Tag vor dem offiziellen Start der Seite wurden in einer Rundmail über 50 Webseitenbetreuer, Forenadministratoren und private Internetseitenbetreiber über die Aktion informiert und diese um Verlinkung zur Projektseite gebeten.
Das Unterstützungsprojekt läuft weiter
Rund zwei Wochen nach dem Start des Projektes wurde auf der online geführten Unterschriftenliste der Unterstützer die 2000. bestätigte Unterschrift registriert. Auch danach hielt der Zuspruch zur Aktion zielstrebig an, zum Versandtermin dieses Heftes werden über 2500 Namen in der Liste stehen, die die Ziele und Forderungen der Aktion unterstützen. Verschiedene Aktivitäten zur weiteren Verbreiterung des Unterstützerkreises laufen noch, auch Veröffentlichungen in anderen Pressepublikationen werden dazu beitragen.
Doch die Frage „Was ist, wenn sich der MDR nicht bewegt?“ stellen sich natürlich viele, auch die Initiatoren der Aktion „Rettet die Bahnzeit!“. Neben der Aufrechterhaltung eines öffentlichen Drucks auf den MDR durch die weitere Gewinnung von Unterstützern in der Unterschriftenliste liegt der Fokus in den folgenden Wochen auf einem intensiveren Zugang zu den Mitgliedern des MDR-Rundfunkrates.
Der Rundfunkrat vertritt die Interessen der Allgemeinheit auf dem Gebiet des Rundfunks. Er überwacht die Einhaltung des im Staatsvertrag festgelegten Programmauftrages, wählt den Intendanten sowie die Direktoren und berät den Intendanten in allgemeinen Programmangelegenheiten.
…
Die Mitglieder des Rundfunkrates vertreten dabei die Interessen der Allgemeinheit und sind nicht an Aufträge von Parteien oder Organisationen gebunden.
(Auszug aus der Webseite des Rundfunkrates:
https://www.mdr.de/mdr-rundfunkrat/rundfunkrat-allgemein100.html
Wir fordern von den Rundfunkratsmitgliedern die Wahrnehmung dieser Aufgaben ein!
Die Betonung unserer Forderung liegt immer auf der notwendigen größeren Sichtweise – nicht die Bedienung eines Klientelinteresses für Eisenbahnfans, sondern die Unterstützung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit ganzer Regionen von touristischen Einrichtungen ist die tatsächliche Wirkung von Sendungen wie der MDR-Bahnzeit. Wir brauchen eine Sendung, die auf die Attraktivität der Bahnen, Museen und Vereinsaktivitäten hinweist, damit verdienen im Sendegebiet viele Menschen ihr tägliches Brot!
Wie ist eigentlich die Einstellung der Sendereihe „MDR-Bahnzeit“ mit den Regelungen des MDR-Staatsvertrages zu vereinbaren? (Auszug)
§ 6 Programmauftrag
(1) Der MDR hat in seinen Sendungen einen objektiven und umfassenden Überblick über das (…) länderbezogene Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sein Programm soll der Information und Bildung sowie der Beratung und Unterhaltung dienen und hat dem kulturellen Auftrag des Rundfunks zu entsprechen. Er dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung.
(2) Die Gliederung des Sendegebietes in Länder ist auch in den gemeinsam veranstalteten Programmen angemessen zu berücksichtigen.
(3) Die Sendungen des MDR haben den Belangen aller Bevölkerungsgruppen, auch der Minderheiten, Rechnung zu tragen.
(4) …
Die Übernahme der SWR-Sendung „Eisenbahn-Romantik“, so interessant diese sein mag, erfüllt einen Ersatzanspruch in keiner Weise.
Auch die Argumentation des MDR mit den Quoten der „MDR-Bahnzeit“ ist im übrigen sehr geschickt – sie ist von Außenstehenden in keiner Weise überprüfbar. Ein klassisches Totschlagargument – oder die Rundfunkräte fordern, diese Zahlen zur Prüfung vorgelegt zu bekommen!
Liebe Leser, unterstützen Sie bitte die Aktion weiter, reichen Sie die Protestkarten an den MDR in der Familie weiter, tragen Sie sich auf unserer Unterstützerliste ein, empfehlen Sie das Projekt weiter! Haben Sie selbst keinen Internetzugang, geben Sie uns ihre „Stimme“ telefonisch über die Geschäftsstelle in Jöhstadt.
Und sollten Sie jemanden kennen, der Zugang z.B. zur lokalen Presse oder anderen Medien hat: Wenden Sie sich bitte an uns oder verweisen Sie auf das umfangreiche Material auf www.rettet-die-bahnzeit.de.
Gemeinsam haben wir die Kraft, den MDR zum Umlenken zu bewegen!
07.02.2010