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Rezensiert: Auf den Spuren der alten Westsachsenmagistrale: Die Eisenbahnstrecke Chemnitz - Aue - Adorf
Siegfried Bergelt
Auf den Spuren der alten Westsachsenmagistrale: Die Eisenbahnstrecke Chemnitz - Aue - Adorf
Bildverlag Thomas Böttger 128 Seiten, 84 Farbabbildungen, 90 SIW-Fotos sowie 26 Grafiken ISBN 3-9808250-7-8 Preis: 24,50 €
Beim Bildverlag Thomas Böttger erschien vor einigen Wochen ein Gesamtwerk zur als CA-Linie bezeichneten ehemaligen Strecke Chemnitz -Aue - Adorf, die 1975 durch den Bau der Eibenstocker Trinkwassertalsperre unterbrochen wurde und heute nur noch zwischen Chemnitz und Aue sowie zwischen Muldenberg und Adorf betrieben wird. Doch was dem Leser in Siegfried Bergelts neuem Buch geboten wird, ist in den meisten Teilen eine wahre Zumutung. Nach der ausführlichen Studie der Literatur ist der Rezensent der festen Überzeugung, daß der Autor nicht wirklich befähigt gewesen ist, über die CA-Linie ein Standardwerk zu verfassen. Bereits der Titel des Buches irritiert, ist doch der Begriff „Westsachsenmagistrale“ für die CA-Linie niemals in Gebrauch gewesen, sondern eine neue Erfindung. Einer Strecke nach eigenem Gutdünken einen selbst kreierten „Spitznamen“ zu geben, ist sicherlich eine fragwürdige Sache.
Der Text des Buches ist in fast allen Teilen mangelhaft. Seitenweise gibt es keine neuen Fakten, der Inhalt erscheint oberflächlich ausgearbeitet. Sehr offensichtlich hat Bergelt beispielsweise den Inhalt für die Seiten 12 bis 41 aus der VSE-Broschüre „125 Jahre Chemnitz -Aue -Adorf“ von Thomas Berger abgeschrieben, die im Jahre 2000 erschien. Die Darstellungen auf o. g. Seiten in Bergelts Buch decken sich exakt mit den Ausführungen dieser Broschüre. Einige Textstellen sind auch nahezu identisch mit dem Inhalt anderer Bücher. Obwohl sich der Autor also an bekannte Fakten gehalten hat, enthält das Buch aus dem Hause Böttger unzählige Falschaussagen.
Im Rahmen dieser Buchbesprechung können nur einige Beispiele aufgezählt werden: Auf Seite 23 benennt der Autor einen „heutigen Bahnhof Markneukirchen“. Einen solchen gibt es jedoch bereits seit 1975 nicht mehr. Auf Seite 29 behauptet Bergelt, die Strecke Zwönitz - Scheibenberg sei nach dem Ende des zweiten Weltkrieges vollständig abgebaut worden, der Teilabschnitt Scheibenberg - Elterlein sei jedoch auf Drängen der Stadt Elterlein wieder aufgebaut worden. Das ist falsch. Richtig ist hingegen, daß der Streckenteil Scheibenberg - Elterlein gleich von der Demontage verschont blieb. Auf dem Foto auf Seite 31 fährt angeblich ein Zug über die Strecke Zwönitz - Stollberg in Richtung Elterlein. Dieser Bahnhof lag jedoch nicht an der Strecke Zwönitz - Stollberg, sondern an der Strecke Zwönitz - Scheibenberg und war zum Aufnahmedatum 1964 bereits 17 Jahre nicht mehr auf direktem Schienenweg von Zwönitz aus zu erreichen. Auf Seite 41 behauptet Bergelt, die Eisenbahnbrücke in Klingenthal in Richtung tschechische Grenze sei 1946 demontiert worden. Wahr ist hingegen, daß diese erst 1976 zum Ausbau kam. Im Bildtext auf Seite 73 erfindet Bergelt eine „Reichsbahndirektion Aue“. In Wahrheit hat es in den fünfziger Jahren jedoch nur das Reichsbahnamt Aue gegeben. Da fällt es kaum auf, daß der Autor in Bezug auf die Bahnstationen der CA-Linie in fast allen Fällen nur die Anliegerorte und deren zumeist jahrhundertealte Geschichte beschreibt, während zu den Bahnhofsanlagen zumeist kein einziges Wort fällt. Positiv sind dem Rezensenten hingegen die genauen Beschreibungen der neuerlichen Sanierungsmaßnahmen am Streckenteil Chemnitz - Aue aufgefallen, die dem Leser ein sehr exaktes Bild davon vermitteln, wie sich der Bahnbetrieb auf diesem Teil der CA-Linie zukünftig gestalten wird. Ein Kapitel für sich auch wieder - wie vom Verlag Böttger gewöhnt - sind die Abbildungen in dem neuen Buch. Der Gerechtigkeit halber muß man dazu sagen, daß das Werk einige Fotografien enthält, die motivlich wie auch drucktechnisch durchaus gelungen sind, wie etwa das Titel- und das Rücktitelbild, aber z. B. auch die Aufnahmen auf Seite 100. Der absolut überwiegende Teil der Farbfotos kann hingegen abermals in keiner Art und Weise befriedigen, vor allem was die miserable Wiedergabequalität betrifft (z. B. auf den Seiten 42, 43, 49 oben und Mitte, 68, 70, 71, 97 und viele andere). Wenn bestimmte Fotos minderer Qualität aus dokumentarischen Gründen abgedruckt werden müssen, so sollte sich der Verlag hierbei auf eine Schwarzweißwiedergabe beschränken. Ein weiterer Mangel des Buches sind die für viele Bahnhöfe fehlenden und für andere Bahnhöfe oft nur sehr ungenau vorhandenen Gleisplanskizzen.
Fazit: Empfehlen könnte man das neue Werk von Siegfried Bergelt eindeutig nur demjenigen Leser, der bereit ist, etliche gravierende Fehler in Kauf zu nehmen. Das Buch entspricht in keinem Punkt dem Standard eines heutigen Streckenporträts.
11.12.2004