Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Die Tonbahn der Waldeisenbahn Muskau
In den vergangenen Jahren waren bundesweit zahlreiche Eisenbahnstrecken vom Niedergang und der Schließung betroht. Dieses Schicksal drohte auch der Tonbahn, dem letzten original verbliebenen Streckenast der Waldeisenbahn Muskau (WEM), als im Jahr 1992 der Braunkohleplan für den Tagebau Nochten aufgestellt und zwei Jahre später genehmigt wurde. Der 13. April 2017 zeigte auf, dass es durch die enge Zusammenarbeit von Kommunen, Wirtschaft und Vereinen möglich sein kann, auch andere Wege zu gehen … Zu Beginn der 1990er Jahre befand sich die WEM gerade in den Anfängen des Wiederaufbaus und die Aktiven des Vereins nutzten die bereits stillgelegte Tonbahn mit ihrer Strecke von der Tongrube Mühlrose zum Abzweig Kromlau in der Nähe von Weißwasser für ihre Sonderfahrten. Zu diesem Zeitpunkt dachte im Verein noch niemand so richtig an die Langzeitwirkung und die möglichen Auswirkungen des neuen Braunkohleplanes auf die als technisches Denkmal unter Schutz stehende WEM. Im Jahr 2006 fanden dann erste Gespräche bezüglich einer möglichen Streckenverlegung zwischen dem Verein WEM und dem damaligen Bergbaubetreiber statt, in deren Folge eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wurde.
Die Studie bezog als möglichen Endbahnhof für eine neue Strecke mit dem Informationszentrum und Aussichtsturm „Schwerer Berg“ touristische Ziele ein. Die 2008 abgeschlossene Untersuchung attestierte die prinzipielle Umsetzbarkeit des Projektes. In den folgenden Jahren musste der Verein dennoch mehrere Rückschläge hinnehmen, aber 2010 gab der damalige Bergbaubetreiber der WEM positive Signale. In deren Folge unterzeichneten der Landkreis Görlitz, die Stadt Weißwasser, der Bergbaubetreiber und der WEM-Verein am 14. Juli 2011 eine „Vereinbarung über die Umverlegung eines Trassenabschnittes der Waldeisenbahn Muskau in Richtung Turm am Schweren Berg“. Die folgenden vier Jahre dienten der eigens gegründeten WEM-Arbeitsgemeinschaft für Planungen und Genehmigungsverfahren der neuen Strecke sowie dem Bergbaubetreiber zum Rückbau der Altstrecke. Nach dem offiziellen Baubeginn zur Verlegung der Tonbahn in Richtung Schwerer Berg am Braunkohletagebau Nochten am 29. Oktober 2015 startete Anfang März 2016 das Verlegen des Neubaugleises. Nach dem Schottern und Stopfen fand am 23. Juli 2016 eine erste Belastungsfahrt statt. Weitere Detailarbeiten entlang der neuen Strecke schlossen sich an, bis am 28. September 2016 der Landesbeauftragte für Eisenbahnaufsicht (LfB) Sachsen den Neubauabschnitt befuhr und kontrollierte. Diese Fahrt war die Grundlage dafür, dass die Aufsichtsbehörde später die Erlaubnis zur Inbetriebnahme der neuen Tonbahn erteilte. Aufgrund innerbetrieblicher Regelungen der WEM (Saisonabschluss jedes Jahr Anfang Oktober) wurde in Abstimmung mit allen Beteiligten die offizielle Eröffnung der neuen Tonbahn in das Jahr 2017 verschoben.
Am Gründonnerstag, dem 13. April 2017, war es soweit: Der WEM-Verein sowie die Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG) als für die Umverlegung verantwortlich zeichnender Bergbaubetreiber luden zur offiziellen Eröffnung der neuen Teilstrecke der WEM zum neuen Endbahnhof Schwerer Berg ein. Nach den Eröffnungsreden der beteiligten Seiten überreichte der sächsische LfB, Dr. Steffen Henkel, der WEM GmbH die Betriebserlaubnis für die neue Tonbahn. Die folgende Einfahrt des ersten offiziellen, aber noch leeren Zuges in den Endbahnhof begleiteten die Eröffnungsteilnehmer mit einem Trillerpfeifenkonzert.Anschließend befuhr der von den beiden Brigadeloks 99 3315 und 99 3318 (Gastlok Dampfkleinbahn Mühlenstroth e. V./DKBM) geführte Eröffnungszug mit den geladenen Gästen vom Schweren Berg den drei Kilometer langen Neubauabschnitt und weiter folgend ab dem neuen Abzweig Mühlrose die Trasse der alten Tonbahn bis zum Halbendorfer Gleiswechsel und zurück. Zur Erinnerung an diesen Tag wurde am Zugang zum Bahnhof ein über vier Tonnen schwerer Findling mit einer Gedenkplatte abgelegt. Über Ostern verkehrten vier Dampfzüge (u. a. auch mit 99 3462 der DKBM) täglich zwischen 10 und 19 Uhr mehrmals auf der neuen Tonbahn sowie nach Kromlau. Auch wenn das Wetter sich über Ostern nicht von seiner besten Seite zeigte, waren die dampfgeführten Züge, für die es aufgrund der Nachfrage einen seit Februar laufenden Kartenvorverkauf gab, sehr gut besucht und die Fahrgäste erwartete am Informationszentrum Schwerer Berg zusätzlich ein buntes Festprogramm für die ganze Familie.
14.04.2017