Editorial
Liebe Preß’-Kurier-Leser,
da sage noch jemand, es sei nicht genügend Geld in den öffentlichen Haushalten; zumindest beim Zweckverband Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) schien man rund um den Tag der Sachsen 2006 davon genügend zu haben. In Größenordnungen wurden Busse aus allen Himmelsrichtungen nach Marienberg geschickt, mit denen die Besucher des größten Volksfestes in Sachsen ins Erzgebirge kommen sollten. Tja, doch – wer konnte es ahnen – auch die Busse standen im schönsten Stau auf den Straßen.
Nur die Eisenbahn, die man ja auch erst mit vielen Millionen Euro öffentlicher Mittel nach Marienberg wieder befahrbar gemacht hatte, kam in den Planungen des Dr. Neuhaus, Chef des VMS, nicht vor – obwohl sie dafür als Transportmittel ab Chemnitz ohne Stau sehr gut gepaßt hätte. Auch hatte man in keiner Weise die Absicht, auch noch Fahrgäste nur in die Nähe der Eisenbahn zwischen Pockau und der Kreisstadt kommen zu lassen. Man hätte damit ja vielleicht Kunden zum ausschließlich eigenwirtschaftlich, das heißt vollständig auf eigene Rechnung verkehrenden Dampfzug der Eisenbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft Pressnitztalbahn mbH gebracht. Nein, man setzte der ganzen Sache noch die Krone auf und ließ die Busse auch noch im Stundentakt genau parallel zur Eisenbahn verkehren. Zum Glück spielte das Wetter sowie die Begeisterung von Bevölkerung und Besuchern des Tages der Sachsen mit, dem Eröffnungsangebot der Press GmbH mit Dampfzug zwischen Pockau und Marienberg eine Chance zu geben – und die Busse im Tal der Schwarzen Pockau ziemlich leer blieben. Mit einer schwarzen Null endete der dreitägige Pendelverkehr für das Eisenbahnunternehmen auch mit Fahrzeugen des Eisenbahnmuseums Bayerischer Bahnhof zu Leipzig e.V. und des Vereins Sächsischer Eisenbahnfreunde. Aber anderswo ist für eine derartige Steuermittelverschwendung, wie hier durch die Bus-Patrone praktiziert, schon mancher mit öffentlichem Geld bezahlte Manager von seinem Stuhl verabschiedet worden.
Die Rahmenhandlung der Geschichte hängt mit den Ereignissen der letzten sieben Jahre am Teil der Eisenbahnstrecke RF (Reitzenhain – Flöha) im Pockautal zusammen. Nach einer Hochwasserwelle im Juli 1999 war die Strecke gerade wieder befahrbar, als zwei Jahre später das nächste Unwetter über das Tal zog. Seit 2001 war Marienberg eisenbahntechnisch abgehängt, nachdem sich Wassermassen durchs Tal (und auch durch die Werkstätten des Modellbahnzubehör-Herstellers Auhagen) wälzten. Seit dem 1. September 2006 ist nun dieser Ast des erzgebirgischen Streckennetzes wieder im Betrieb – nur leider nicht mit bestellten SPNV-Leistungen, dazu fehlte dem VMS angeblich das Geld, beim Streckeneigner DB Erzgebirgsbahn nun auch noch Leistungen zu bestellen.
Über Schmalspurbahnbetrieb habe ich jetzt hier heute nicht gesprochen – darüber gibt es dafür in diesem Heft wieder eine ganze Menge.
Glück Auf
29.09.2006