Editorial
Liebe Preß’-Kurier-Leser,
erinnern Sie sich noch an all die „schlimmen Prophezeiungen“ im vergangenen Jahr, als Gas, Strom und Kohle knapp zu werden drohten und bestimmte Medien und politische Gruppierungen ihre Freude daran hatten, das Schlimmste an die Wand zu malen und möglichst bei der nächsten Meldung noch eins drauf zu satteln? Zwar sind aus verschiedenen Gründen all diese „schlimmsten Zustände“ nicht eingetreten, aber nichtsdestotrotz könne man weitere katastrophale Umstände schon mal unausweichlich kommen sehen. Fallen Sie bitte nicht auf solche Strategien herein! Nicht nur, dass es zu persönlichem Frust und Unzufriedenheit führt – es hindert auch daran, kreativ und vorwärtsgerichtet produktiv zu sein. Das gilt im Großen gesellschaftlichen, im familiären privaten und natürlich auch im Hobby-Umfeld.
Ja, die Kohle ist teurer geworden. Aber sie ist weiterhin verfügbar! Nicht zuletzt ist die wirtschaftliche Basis vieler Länder (außerhalb der EU) darauf ausgelegt, diese weiter abzubauen und zu liefern. Vor einem Jahr brachen die Lieferketten nicht etwa zusammen und Spekulationen sorgten für eine exorbitante Verteuerung, weil es keine Kohle auf dem Weltmarkt mehr gab – sondern weil sich aus gezielt geschürter Angst bewusst Abzocke organisieren lässt.
Für die Dampfeisenbahnen ist die Kohlefeuerung auf unbestimmte Zeit nicht ersetzbar, auch wenn mancher sich von einer Leichtölfeuerung scheinbar die Lösung aller Probleme verspricht. Es bleibt noch immer eine Verbrennung von fossilen Stoffen und die Dampfeisenbahnen begründen nun einmal ihre Relevanz aus der Darstellung und Erhaltung historischer technischer Beförderungsmittel unter Einsatz von Kohle. Pseudomäßig mit der Adaption des Brennstoffs als „Modernisierung“ historischer Technik die Lösung für andersartig lösbare Situationen zu propagieren, ist faktisch nicht weit weg von einer Realitätssimulation in Disneyland.
Natürlich ist es aus vielerlei Gründen sinnvoll, alternative Antriebsmöglichkeiten zu prüfen und technisch-wirtschaftlich umsetzbar zu gestalten. Moderne Fahrzeuge mit auf erneuerbaren Energien basierenden Antriebssystemen wird man früher oder später sicher auch auf den im täglichen Betrieb für den öffentlichen Personenverkehr stehenden Schmalspurbahnen antreffen können. Aber Dampfloks sind nun einmal Dampfloks. Will man sie erhalten, darf man nicht dem Irrglauben verfallen, ein bisschen Veränderung des Verbrennungssystems würde ihre Erhaltung sichern – im Gegenteil.
Weit entfernt von ausschließlich virtuellem Fortschritt ist inzwischen auch die Wiederherstellung der I K Nr. 54 im Dampflokwerk Meiningen. Nach langwierigem Start und Dauer des Entscheidungs- und Freigabeprozesses bei der Versicherung läuft die Aufarbeitung der Lok nach Plan. Anfang August fand die Kesseldruckprobe statt, womit demnächst mit dem Zusammenbau des Fahrzeugs begonnen werden kann. Auch die Wiederherstellung der durch den Unfall im vergangenen Jahr betroffenen Wagen des I K-Zuges hat nach Freigabe durch die Versicherung inzwischen begonnen. Näheres zum Stand der Arbeiten finden Sie in dieser Ausgabe. Nutzen Sie bitte die nächsten Monate für einen Besuch bei einem Eisenbahnverein oder -museum.
Glück Auf
16.08.2023