Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Sonderfahrt in Wilischthal
Am 14. Dezember 1991 führte die IG Preßnitztalbahn e.V. auf dem letzten Stück des ehemaligen Thumer Schmalspurnetzes noch einmal einen Tag lang „Plandampf“ durch. Vorab jedoch etwas Geschichte…
Durch den wirtschaftlichen Aufschwung in der 2. Hälfte des 19.Jahrhunderts machte sich ein Anschluß der Industrie im Wilischthal und im Raum Thum an die 1854 eröffnete Zschopautalbahn Flöha - Annaberg erforderlich. Am 24.August 1885 beschloss Sachsen eine Verordnung zum Bau einer Schmalspurbahn Wilischthal - Ehrenfriedersdorf. Eröffnung war dann am 15. Dezember 1886. Gleichzeitig war zwischen Oberherold und Thum eine Verbindung geschaffen wurden. Weitere Strecken folgten 1888 Schönfeld-Wiesa - Geyer, 1906 Geyer - Thum und 1911 Thum - Meinersdorf. Damit hatte das Netz eine Ausdehnung von 43,7 km. Am Anfang verkehrten hier Loks der Gattung I K. Mit dem Bau der ersten IV K’s kamen 1896 auch sofort einige auf das Thumer Netz. Ab 1925 fuhren dann stärkere VI K’s hier und lösten die IV K’s ab. Doch auch die VI K’s wurden ab 1933 durch Einheitsloks (auch als VII K bezeichnet) ersetzt. Die Strecke Wilischthal - Thum (eine leichte Streckenkorrektur erfolgte von 1911 bis 1915) konnte 1961 noch das 75 jähriges Jubiläum feiern. Am 28. Mai 1972 wurde die Strecke durchs Wilischthal bis Thum stillgelegt, nachdem zuvor schon am 15.August 1967 zwischen Thum und Schönfeld-Wiesa die Eisenbahnzeit vorbei war. Das letzte Stück zwischen Thum und Meinersdorf hatte dann am 1.1.1976 Betriebsende.
Seit der Stillegung wird vom Bahnhof Wilischthal bis zur rund 1,5 km entfernten Papierfabrik mit Dieselloks (NS 4 und V10C) ein Anschlußbetrieb unterhalten. Der Bahnhof Wilischthal wurde nach und nach zurückgebaut, so daß heute nur noch 2 Gleise und eine Weiche vorhanden sind. Aufgrund der Wende und der damit verbundenen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Papierfabrik beläuft sich das Verkehrsaufkommen auf durchschnittlich 2 Wagen im Monat.
Des weiteren müßte 1993 die Brücke über die Zschopau eine Generalreparatur erhalten, was von der DR sicher kaum realisiert werden wird. Die Strecke wird also demnächst stillgelegt werden. Doch bevor dies geschieht, mußte es noch einmal richtig „dampfen“. Am 12.12.91 traf die Oberwiesenthaler 99 586 ein. Am Freitag erfolgten dann alle Vorbereitungsarbeiten, das Wassernehmen und dann das Anheizen. Sonnabend früh dann die letzten Präparationen und es konnte beginnen.
Die ersten Fan’s waren schon sehr zeitig da. Als dann die Sonne ins Tal kam, waren so viele Menschen auf dem Bahnhofsgelände, wie hier wohl schon seit „Ewigkeiten“ nicht mehr gesehen wurden. Nun kamen die Fotofahrten richtig ins „Rollen“. Zu jeder Fahrt wurde der Zug umrangiert, so daß unterschiedlichste „Garnituren“ zu betrachten waren. Demzufolge jagten die Fotografen & Videofilmer immer zwischen Bahnhof und Papierfabrik hin und her. Auch „beschwerliche“ Kletterpartien auf Felsen wurden für einen guten Blick auf das Bahn’l in Kauf genommen. Viele der ‘harten Fan’s’ verzichteten sogar auf ihren Imbiß oder stopften sich diesen zwischen dem Auslösen des Apparates herunter, um ja kein Motiv zu verpassen. Andere nahmen die Sache lockerer und bevölkerten den Grill, wo die im Teilnehmerpreis inbegriffene Bratwurst und der Glühwein ausgeschenkt wurde. Nur durch operatives Handeln konnten erste Versorgungsengpässe vermieden werden, da mit solchem Ansturm nicht gerechnet wurde.
Trotz einiger Probleme, die bei solch umfangreichem Programm nicht zu vermeiden sind, war der Tag ein voller Erfolg. Leute aus der Umgebung konnten es gar nicht fassen, hier wieder einmal eine Dampflok zu erleben und hunderte Menschen die fotografierten und zuschauten zu sehen. Bis zum letzten Lichtstrahl wurde gefahren - beim letzten Aufenthalt im Werk trat dann sogar noch eine weitere IV K auf - die inzwischen in Jöhstadt befindliche 99 568 wurde kurz gezeigt.
Wieviel Meter Film werden wohl von diesem einmaligen Erlebnis an diesem herrlichen Tag einmal zeugen ?
04.02.1992